Kultur

Christoph-Martin-Wieland-Übersetzerpreis 2017 geht an Andreas Jandl und Frank Sievers

Kunststaatssekretärin Petra Olschowski: „Verständigung zu schaffen zwischen verschiedenen Sprachen und Kulturen, ist eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, auch in unserem Land. Literaturübersetzerinnen und -übersetzern kommt dabei eine wichtige Rolle zu.“

Der Christoph-Martin-Wieland-Übersetzerpreis ist einer der ersten Übersetzer-preise, die in Deutschland verliehen wurden. Baden-Württemberg ist damit – wie auch mit Arbeits- und Reisestipendien – bundesweit Vorreiter bei der Förderung von Literaturübersetzerinnen und -übersetzern.

„Literarische Übersetzungen spielen eine wichtige Rolle für den interkulturellen Austausch. Übersetzerinnen und Übersetzer sind Kulturbotschafter, die uns fremde Denkweisen und Gefühlswelten nahe bringen. Verständigung zu schaffen zwischen verschiedenen Sprachen und Kulturen ist eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, auch in unserem Land. Übersetzerinnen und Übersetzern kommt hierbei eine besondere Vermittlerrolle zu – gerade jetzt. Vor ihrer Leistung habe ich großen Respekt und freue mich daher, dass ich heute den Christoph-Martin-Wieland-Übersetzerpreis 2017 mit Andreas Jandl und Frank Sievers an zwei bedeutende Übersetzer vergeben kann“, sagte Kunststaatssekretärin Petra Olschowski am Donnerstag (28. September) anlässlich der Preisverleihung in Biberach. Gemeinsam haben die beiden Preisträger das Werk des englischen Schriftstellers John Alec Baker „The Peregrine“ - „Der Wanderfalke“ übersetzt.

„Ob in der Politik, im Journalismus oder in der Literatur: Wer seine Gedanken und Empfindungen ausdrücken möchte, muss die richtigen Worte finden. Das alleine ist schon schwer genug. Um wie viel schwieriger wird es, wenn man die Gedanken und Empfindungen eines anderen, ausgedrückt in einer fremden Sprache, in die eigene übertragen soll“, so Olschowski weiter. Literarische Übersetzungen sei en daher in Baden-Württemberg ein fester Bestandteil der Literaturförderung. „Es geht uns darum, der schwierigen Kunst des Übersetzens mehr öffentliche Aufmerksamkeit zu verschaffen. In diesem Jahr feiern wir darüber hinaus ein Jubiläum: Der Wieland-Preis wird zum 20. Mal verliehen“, sagte die Kunststaatssekretärin.

Text von erschreckender Aktualität  –  Verantwortung für die Natur
Ganz bewusst wurde in diesem Jahr bei der Ausschreibung des Preises, dessen literarische Ausrichtung von Jahr zu Jahr wechselt, das Genre „Reise- oder Naturbeschreibung“ gesetzt.  „Dass nun ´Der Wandervogel` ausgezeichnet wird, lässt uns einen Text entdecken, der etwa 50 Jahre alt und doch von erschreckender Aktualität ist. Denn in den 1960er Jahren, als J.A. Baker das Buch schrieb, waren die Wanderfalken in England durch den Einsatz von Pestiziden besonders gefährdet. Es sah so aus, als würden sie in absehbarer Zeit aussterben. Auch wir sind heute damit konfrontiert, dass Tierarten aussterben, weil unsere Art zu leben, sie tötet. Es geht in diesem Buch auch um den Respekt vor der Natur und unsere Verantwortung. Auch aus diesem Grund ist es der genau richtige Zeitpunkt, diese Übersetzung zu ehren“, sagte Olschowski abschließend.

Die fünfköpfige Jury, der die Übersetzerinnen Martina Kempter, Karin Uttendörfer und Elsbeth Ranke sowie Hannes Hintermeier (FAZ) und der Germanist Prof. Dieter Martin (Universität Freiburg) angehörten, begründet ihre Entscheidung so:

„J. A. Bakers The Peregrine (1967) ist ein Klassiker der philosophisch-literarischen Naturbetrachtung, prägend für das bis heute fruchtbare Genre des "nature writing". Das in Tagebuchform gefasste Buch, in dem der Autor den Raubvogel in der Landschaft von Essex von Oktober bis April verfolgt und beobachtet, zeichnet sich durch eine extreme Einfühlung des Beobachters in den Falken aus, ja durch seine allmähliche Verschmelzung mit ihm. Wie Baker finden und schaffen Andreas Jandl und Frank Sievers für diesen Prozess eine neue, ganz eigene Sprache – konzentriert, atmosphärisch dicht, bildkräftig und klangvoll –, die sich Blick und Wesen des Tiers zu eigen und dem Leser erlebbar macht. Die Genauigkeit und elementare Wucht der Übersetzung macht die Lektüre zum spektakulären Erlebnis, als sähe man Welt und Natur mit den Augen des Wanderfalken.“

Diese überzeugende übersetzerische Leistung würdigt die Jury mit der Zuerkennung des renommierten Preises.

Weitere Informationen
Chistoph Martin Wieland, der Übersetzer der Shakespeare-Dramen, ist Namensgeber des Übersetzerpreises. Der Christoph-Martin-Wieland-Preis ist mit 12.000 Euro dotiert und wird vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg finanziert. Um übersetzerische Leistungen auch auf wenig bekannten Gebieten zu würdigen, wird der Wieland-Preis seit 1967 alle zwei Jahre für herausragende Übersetzungen wechselnder Genres ausgeschrieben – dieses Jahr für „Reise- und Naturbeschreibung“.

Der in Esslingen gebürtige Andreas Jandl hat Theaterwissenschaften, Anglistik und Romanistik in Berlin und Montreal studiert. Er lebt heute als freiberuflicher Übersetzer für Literarische Übersetzungen aus dem Französischen und Englischen in Berlin. Frank Sievers hat Literaturübersetzen an den Universitäten Düsseldorf, Nantes und Paris (Sorbonne) studiert und lebt und arbeitet als Literarischer Übersetzer für Französisch und Englisch in Berlin. Beide haben schon mehrere Bücher gemeinsam übersetzt.

Die Preisverleihung wird von der Wieland-Stiftung ausgerichtet und findet heute in Biberach statt.

Die Landesregierung unterstützt die baden-württembergischen Übersetzertage und den Freundeskreis zur internationalen Förderung literarischer und wissenschaftlicher Übersetzungen durch den Christoph-Martin-Wieland-Übersetzerpreis und eine Reihe von Arbeits- und Reisestipendien.

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