Forschung

Landesinitiative ‚Kleine Fächer‘ vorgestellt

„Wir sind auf die ‚Kleinen Fächer‘ zwingend angewiesen. Sie gehören zum Kern der Wissenschaft, sie sind elementar für die Grundlagenforschung und für die Vielfalt des Denkens. Mit der Landesinitiative werden wir ihre Leistungsfähigkeit sichern“, sagt Ministerin Theresia Bauer

„Vielfalt fördern, Kompetenz ausbauen, Zukunft gestalten“ – dieser Leitidee folgend, hat Wissenschaftsministerin Theresia Bauer am Donnerstag (26. März) eine „Landesinitiative ‚Kleine Fächer‘ Baden-Württemberg“ vorgestellt. Sie basiert auf den Empfehlungen einer von ihr im Jahr 2013 eingesetzten Expertenkommission.

 

„Obwohl klein in puncto Personalausstattung, Studierendenzahl oder Anzahl der Universitätsstandorte, sind die ‘Kleinen Fächer’ von unschätzbarer Bedeutung für die Grundlagenforschung und die Vielfalt des Denkens in unserer Gesellschaft. Auf ihre Kompetenz, ihre Sichtweisen und Methoden sind wir zwingend angewiesen. Mit unserer Landesinitiative werden wir ihre Leistungsfähigkeit sichern“, so Ministerin Bauer.

 

Die Landesinitiative umfasst – mit einer zunächst dreijährigen Laufzeit und sich anschließender Evaluation – ein Bündel von fünf Einzelpunkten. Zu ihnen gehören die Einrichtung eines Fonds, der mit jährlich 1 Mio. Euro die Leistungsfähigkeit ‚Kleiner Fächer‘ weiterentwickeln soll, sowie die Berufung eines „Zukunftsrats ‚Kleine Fächer‘“.

 

Prof. Dr. Markus Hilgert, Vorsitzender der Expertenkommission unterstrich die Hauptintention der Empfehlungen: „‘Kleine Fächer‘ brauchen keinen Artenschutz, aber sie benötigen spezifische Steuerungsinstrumente und einen institutionenübergreifenden Blick“. Die ‚Kleinen Fächer‘ seien ein wichtiger Teil des Fächerspektrums an den Universitäten im Land und müssten bei der Aufgabe, die Forschungslandschaft Baden-Württembergs möglichst leistungs- und wettbewerbsfähig aufzustellen, berücksichtigt werden. Insbesondere sei auf Koordinierungseffekte zu achten: „Bei fehlender Koordinierung kann es geschehen, dass Fächer lokal reduziert werden und die Kompetenzen dann plötzlich im ganzen Land fehlen“, so Hilgert.

 

Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer, Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz, bewertete die Landesinitiative aus Sicht der Universitäten im Land: „Die Landesuniversitäten sind zu Recht stolz auf die Leistungen der ‚Kleinen Fächer‘. Sie sind an Exzellenzclustern, mehreren Sonderforschungsbereichen und einer ganzen Reihe von Graduiertenkollegs maßgeblich beteiligt, und sie stellen zahlreiche Preisträgerinnen und Preisträger bedeutender Wissenschaftspreise. Die Leitungen der Landesuniversitäten begrüßen die Initiative der Wissenschaftsministerin zur Bedeutung der ‚Kleinen Fächer‘. Sie stärkt die ‚Kleinen Fächer‘, die gut aufgestellt sind, um ihre Funktionen auch in Zukunft wahrnehmen zu können“.

 

Die einzelnen Maßnahmen der Landesinitiative:

 

1)    Einrichtung eines „Strukturfonds ‚Kleine Fächer‘“. Er soll Anreize schaffen für die Erarbeitung und Erprobung von exemplarischen, zukunftsweisenden Instrumenten, Maßnahmen oder Strukturmodellen. Übergeordnetes Ziel und entscheidendes Kriterium der Förderung ist dabei stets die nationale und internationale Wettbewerbsfähigkeit der ‚Kleinen Fächer‘ in den Bereichen Lehre, Forschung und gesellschaftlicher Transfer.

2)    Einrichtung eines „Zukunftsrats ‚Kleine Fächer‘“ als landesweite Koordinations- und Moderationsplattform zur Begleitung der Umsetzung der Handlungsempfehlungen. Er wirkt mit an der Erarbeitung eines auf die spezifischen Existenzbedingungen der Kleinen Fächer abgestimmten Systems der Qualitätssicherung und -entwicklung durch die Landesuniversitäten und ist Multiplikator für das Thema ‚Kleine Fächer‘ auch über die Grenzen Baden-Württembergs hinaus. Er erarbeitet zudem die Förderlinien aus dem Strukturfonds, wirkt mit an der Auswahl geförderter Vorhaben und begleitet diese fachlich und hochschulpolitisch. Der Zukunftsrat setzt sich aus relevanten regionalen und überregionalen Akteurinnen und Akteuren, insbesondere aus den Landesuniversitäten, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Förderinstitutionen zusammen.

3)    Einrichtung einer „Forschungsstelle Strukturschwache wissenschaftliche Kompetenzen“. Sie betreut die Datenbank ‚Kleine Fächer‘ in Baden-Württemberg, dokumentiert und analysiert die aus dem Strukturfonds geförderten Handlungs- und Strukturmodelle, erstellt einen Praxisleitfaden für den wissenschafts- und hochschulpolitischen Umgang mit ‚Kleinen Fächern‘ und unterstützt den Zukunftsrat. Die Forschungsstelle sorgt zudem wesentlich für die institutionelle Vernetzung mit anderen nationalen oder internationalen Initiativen im Bereich ‚Kleine Fächer‘.

4)    Wissenschaftsministerium und Zukunftsrat entwickeln Ansätze zur Unterstützung der ‚Kleinen Fächer‘ u.a. beim Transfer ihrer Kompetenzen und Forschungsergebnisse in Wissenschaft und Gesellschaft hinein, um damit die öffentliche Wahrnehmung zu verbessern.

5)    Vernetzung der Landesinitiative ‚Kleine Fächer‘ mit entsprechenden politischen Bemühungen in anderen Bundesländern oder mit dem Bund.

 

Laut Bestandsaufnahme durch die Expertenkommission gibt es in Baden-Württemberg 116 von den Universitäten gemeldete ‚Kleine Fächer‘ mit rund 12.000 Studierenden (Haupt- und Nebenfach). 22 der 116 ‚Kleinen Fächer‘ sind naturwissenschaftliche Fächer, d.h. rund 19 Prozent. Die meisten ‚Kleinen Fächer‘ weist mit 38 die Universität Freiburg auf, Karlsruhe (KIT) und die Universität Stuttgart haben mit jeweils drei gemeldeten Fächern die wenigsten ‚Kleinen Fächer‘. Die Universitäten Mannheim und Ulm haben nicht an der Befragung und dem weiterem Prozess teilgenommen, da sie eine andere Fächerstruktur aufweisen.

 

Wissenschaftsministerin Bauer zeigte sich überzeugt, dass die Landesinitiative das Potential habe, bundesweit neue Standards im Umgang mit den ‚Kleinen Fächern‘ zu setzen. „Wir schaffen mit der Initiative erstmals ein institutionalisiertes Gespräch auf Landesebene. Zugleich wird das lokale Know how der Akteure abgerufen und in die Strategien integriert. Wir erwarten uns davon passgenaue Lösungen, die wir im Dialog erarbeiten wollen“, so Bauer.

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