Hochschule

Bessere Karriereperspektiven für wissenschaftlichen Nachwuchs

„Wir wollen klugen Köpfen eine klare Perspektive geben“, sagt Ministerin Bauer. Empfehlungen einer Arbeitsgruppe zeigen nun Wege auf, wie eine berufliche Zukunft für hervorragende Nachwuchskräfte attraktiv und erfolgreich gestaltet werden kann. Zwei wesentliche Elemente: Die Tenure-Track-Professur und die bessere Balance von Befristungen

Gemeinsam mit den Hochschulen will das Wissenschaftsministerium die Beschäftigungsbedingungen des Mittelbaus an den Hochschulen verbessern und für attraktive Karriereperspektiven des wissenschaftlichen Nachwuchses bereits in einem frühen Stadium sorgen.

Heute (27. September) übergab der Rektor der Universität Freiburg, Hans-Jochen Schiewer, als Koordinator der „Arbeitsgruppe zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Mittelbau und den nichtwissenschaftlichen Bereich“ die dafür erarbeiteten Empfehlungen an Ministerin Theresia Bauer.

Bauer kündigte an, die Stärkung der Juniorprofessur durch Tenure-Track-Professuren bereits in der für das 2. Quartal 2014 vorgesehenen Novellierung des Landeshochschulgesetzes aufgreifen zu wollen. Tenure-Track bedeutet hierbei die klare Perspektive, nach einer befristeten Bewährungszeit eine Stelle auf Lebenszeit zu erhalten und gleichzeitig deutlich früher selbstbestimmt und eigenverantwortlich zu arbeiten. Die derzeit hohen Befristungsquoten und die Kurzfristigkeit vieler Verträge sollen in den Verhandlungen mit den Hochschulen zum Solidarpakt III thematisiert werden.

Wissenschaftsministerin Theresia Bauer nannte die nun erarbeiteten Empfehlungen eine wichtige Grundlage, um die Perspektiven und Beschäftigungsbedingungen des wissenschaftlichen Nachwuchses zu verbessern: „Wir können es uns nicht leisten, die besten Köpfe zu verlieren. Deshalb brauchen wir attraktive Beschäftigungsverhältnisse und Karrierewege für den Nachwuchs“. Nötig seien ein ausgewogenes Verhältnis von befristeten und unbefristeten Stellen, angemessene Vertragslaufzeiten und verlässlichere berufliche Perspektiven.

Gute Arbeit an den Hochschulen: Befristungsauswüchse eindämmen

Die Ministerin begrüßt die Empfehlung der AG, Befristungen im Wissenschaftsbereich grundsätzlich an der Laufzeit der Projektmittelgewährung, beziehungsweise der Qualifikationsphase zu orientieren. „Das ist die richtige Zielsetzung“, sagt Bauer. „Jetzt geht es darum, wie die Hochschulen in Baden-Württemberg dies realisieren können.“ Hierzu wolle sie die Solidarpakt-Verhandlungen nutzen: „Mehr Verlässlichkeit für die Hochschulen bei den Finanzen muss sich auch für die Mitarbeiter auszahlen.“

In den vergangenen zwei Jahren wurden an den Hochschulen in Baden-Württemberg bereits über 1.300 Stellen entfristet. Es seien aber weitere Schritte notwendig, um insbesondere die extrem kurzen Laufzeiten der Fristverträge zu verlängern.

„Niemand will eine zubetonierte Personalstruktur aus lauter Dauerstellen an den Hochschulen“, betonte die Ministerin. Wissenschaft sei dynamisch und brauche die stetige Veränderung. „Eine Struktur, die nur aus Kurzfristverträgen und beruflicher Unsicherheit bis ins fünfte Lebensjahrzehnt besteht, schadet der Wissenschaft aber genauso“. Der Anteil der befristeten Stellen im akademischen Mittelbau habe sich in den letzten Jahren fieberhaft erhöht. Mehr als die Hälfte der befristeten Verträge habe eine Laufzeit von unter einem Jahr.

Baden-Württemberg hatte 2011 mit 14,9 Prozent nach Berlin sogar den geringsten Anteil an unbefristeten Vollzeitstellen an den Hochschulen in der Bundesrepublik (ohne Drittmittelstellen). Vor zwölf Jahren waren es noch knapp 24 Prozent.

Damit die Hochschulen einen eindeutigen Überblick über die Beschäftigungsverhältnisse an ihrer jeweiligen Einrichtung bekommen, sollen sie die AG-Empfehlung aufgreifen, künftig präzise Daten zu den Befristungen und Vertragslaufzeiten zu erheben: „Dann zeigt sich, welche Hochschulen und Institute auf einem guten Weg sind und wie die anderen von ihnen lernen können“, glaubt Bauer.

Neue Karrierewege zur Professur: Juniorprofessur stärken

Attraktive Karrierewege und eine frühzeitige Selbständigkeit in Forschung und Lehre bietet vor allem die Juniorprofessur, die 2002 noch von der rot-grünen Bundesregierung eingeführt wurde. Bauer: „Wir wollen die Juniorprofessur als zeitgemäßen Karriereweg stärken“. Dazu müsse sie aufgewertet werden: bei der Besoldung, der Ausstattung und dem Zugang zu Forschungsmitteln. In Baden-Württemberg hat die Juniorprofessur immer noch Seltenheitswert. In Berlin, Hamburg oder Rheinland-Pfalz ist der Anteil der Juniorprofessuren an allen Professuren mehr als doppelt so hoch.

Ein Quantensprung sei der Vorschlag der AG, bei positiver Evaluation die Juniorprofessur automatisch und ohne weitere Vorbehalte in eine reguläre W3-Professur münden zu lassen (Tenure-Track-Professur). Die Ministerin will diese neue Option bereits in die Novelle zum Landeshochschulgesetz aufnehmen: „Tenure-Track-Professuren sind hoch attraktiv - für Wissenschaftler genauso wie für die Hochschulen, die im Ringen um die besten Köpfe international wettbewerbsfähige Stellen bieten können“.

Mehr Verlässlichkeit in den Karriereperspektiven, wie sie die Juniorprofessuren bieten ist auch ein wesentliches Kriterium, um mehr Frauen in der Wissenschaft halten zu können. So liegt der Frauenanteil bei Juniorprofessuren fast doppelt so hoch als bei den Professuren insgesamt.

Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer: „Wir müssen die Wissenschaftskarriere in Deutschland kalkulierbar machen, besonders auch für junge Frauen bei der Frage nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Durch die Einführung von Tenure-Track-Professuren bieten wir aus Sicht der ‚AG Mittelbau‘ den vielversprechenden Nachwuchsforscherinnen und -forschern die beste Karriereförderung. Denn eines ist klar: Wir müssen alles dafür tun, die besten jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu halten und zu gewinnen“.

Arbeitsbedingungen des Mittelbaus an Hochschulen verbessern

Die Arbeitsgruppe „Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Mittelbau und den nichtwissenschaftlichen Bereich“ (kurz: AG Mittelbau) wurde im Januar 2012 vom Wissenschaftsministerium eingesetzt. Sie hatte die Aufgabe, Empfehlungen zu erarbeiten, um die Arbeitsbedingungen des Mittelbaus an den Hochschulen zu verbessern und die wissenschaftlichen Karrierewege planbarer zu machen. Der Rektor der Universität Freiburg Professor Schiewer, der Vorsitzende der Landesvertretung des Akademischen Mittelbaus an den Universitäten Professor Ostwald sowie die Kanzlerin der Universität Stuttgart Frau Dr. Buhlmann haben die Unterarbeitsgruppen geleitet. Die weiteren Mitglieder der AG kamen aus den Hochschulleitungen, dem Mittelbau, der Personalvertretung und der Gleichstellungs- und Chancenbeauftragten sowie dem Ministeriums.

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