Hochschulen

Mehr Kooperation bei der Promotion: Im Konsens mit Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften legt das Land ein Maßnahmenpaket zur hochschulartübergreifenden Stärkung der Promotionen auf

Ministerin Theresia Bauer: Mit 8 Millionen Euro für zehn neue kooperative Promotionskollegs und zusätzlich 40 neuen Stipendien für Doktoranden aus Hochschulen für angewandte Wissenschaften setzt die Landesregierung ein deutliches Zeichen für Kooperation und Qualität im Promotionswesen 

Wissenschaftsministerin Theresia Bauer stellte gemeinsam mit dem Vorsitzenden der Landesrektorenkonferenz, Hans-Jochen Schiewer, und dem Vorsitzenden der Rektorenkonferenz der Hochschulen für angewandte Wissenschaften, Bastian Kaiser, am Montag (26. Oktober) ein Maßnahmenpaket vor, mit dem der Zugang von Absolventen der Hochschulen für angewandte Wissenschaften zur Promotion verbessert, die Forschungsstärke der Hochschulen für angewandte Wissenschaften in der angewandten Forschung unterstützt und die Kooperationspraxis zwischen den Hochschularten intensiviert wird. 

„Wir wollen den Zugang zur Promotion für Absolventen der Hochschulen für angewandte Wissenschaften verbessern und die Qualitätsstandards von Promotionen sicherstellen. Dafür halte ich die Stärkung der Kooperation für den Königsweg. Ich bin sehr zufrieden und erfreut, dass mit und zwischen den Universitäten und den Hochschulen für angewandte Wissenschaften darüber Einvernehmen hergestellt werden konnte“, so die Ministerin. „Dies ist die bessere Alternative zu einem allgemeinen Promotionsrecht für Hochschulen für angewandte Wissenschaften“, zeigte sich Bauer überzeugt. 

Mit dem im Jahr 2014 novellierten Landeshochschulgesetz (LHG) habe das Land die Rahmenbedingungen für gute Promotionen und damit die Perspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs verbessert. Mit der Möglichkeit zur Kooptation von Professorinnen und Professoren von Hochschulen für angewandte Wissenschaften an die Universitäten wurden auch bessere Voraussetzungen für den Zugang zur Promotion für Hochschulen für angewandte Wissenschaften geschaffen. Nicht zuletzt profitiere auch die regionale Wirtschaft durch den Wissenstransfer der angewandten Forschung hiervon, so Bauer.  

Im vergangenen Jahr sind die bisherigen Erfahrungen und die Promotionspraxis von Absolventen der Hochschulen für angewandte Wissenschaften in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe evaluiert worden. Deren Empfehlungen folgend hat das Wissenschaftsministerium gemeinsam mit den Universitäten und den Hochschulen für angewandte Wissenschaften jetzt ein Maßnahmenpaket beschlossen. Es enthält drei Bausteine zur Intensivierung der Kooperation, die das Land mit insgesamt 8 Millionen Euro unterstützt – und die das schon im Jahr 2012 aufgelegte Programm zur Forschungsförderung der Hochschulen für angewandte Wissenschaften ergänzen: 

  1. Einrichtung von zehn zusätzlichen kooperativen Promotionskollegs. Damit wird die Zahl von bisher sieben mehr als verdoppelt. Die Entscheidung über die Vergabe der zusätzlichen Promotionskollegs fällt noch in diesem Jahr.
  2. 40 neu geschaffene Promotionsstipendien für Individualpromotionen von Absolventinnen und Absolventen von Hochschulen für angewandte Wissenschaften, deren Vergabe vom Baden-Württemberg Center of Applied Research (BW-CAR) koordiniert wird.
  3. Mehr Kooptation von forschungsstarken Professorinnen und Professoren. Die ersten Kooptationen sind bereits erfolgt. Zusätzlich: Einrichtung einer paritätisch besetzten Arbeitsgruppe zur Definition von Kriterien und Formen der Kooptation oder Assoziierung von Professorinnen und Professoren der Hochschulen für angewandte Wissenschaften. 

Zudem wurde vereinbart, den gleichberechtigten Zugang zur Promotion für Absolventinnen und Absolventen von Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften auch in der Praxis sicherzustellen und die Wirksamkeit des Maßnahmenpakets im Jahr 2018 zu evaluieren. 

Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer: „Zur nationalen und internationalen Stärke der baden-württembergischen Wissenschaftslandschaft trägt ein diversifiziertes Hochschulsystem bei. Wir wollen daher durch eine Unterstützung von kooperativen Promotionen die Durchlässigkeit zwischen den Hochschularten weiter erhöhen und so die besten Absolventinnen und Absolventen von Hochschulen für angewandte Wissenschaften auch zur Promotion an den ausgewiesenen Forschungsuniversitäten führen. Das vereinbarte Paket wird dazu beitragen, die Zahl der Doktorandinnen und Doktoranden mit Abschlüssen der Hochschulen für angewandte Wissenschaften zu erhöhen und deren forschungsstarke Professorinnen und Professoren enger an die universitäre Forschung anzubinden. Dies ist ein Gewinn für das gesamte Wissenschaftssystem des Landes“.
Prof. Dr. Bastian Kaiser: „Die jetzt beschlossenen Maßnahmen sind Ausdruck der Anerkennung bemerkenswerter Forschungsleistungen unserer Kolleginnen und Kollegen in den Hochschulen für angewandte Wissenschaften. Sie erhöhen deren Chancen, auf Augenhöhe mit den Universitätskollegen Promotionen vergeben und betreuen zu können. Dies ist ein ermutigendes Zeichen, stärkt die nationale und internationale Kooperationsfähigkeit der Hochschulen für angewandte Wissenschaften ebenso wie die Forschungszusammenarbeit mit den innovativen Unternehmen in den Regionen unseres Landes. Schließlich können auf diese Weise mehr junge, hoch motivierte und kreative Fachkräfte für ihre Weiterqualifikation an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften vor Ort und in engem Kontakt mit solchen ‘Hidden-Champions’ bleiben“. 

Theresia Bauer: „Mit diesem Plan halten wir an der Differenzierung der Hochschullandschaft in Baden-Württemberg fest, denn die Profilierung der unterschiedlichen Stärken der Hochschularten ist ein Mehrwert für alle“. Zu einer differenzierten Hochschullandschaft gehöre aber auch, dass die Schnittmengen zwischen den Hochschularten gepflegt und die Durchlässigkeit garantiert wird. Dafür stehe das beschlossene Maßnahmenpaket. „Ich hoffe, dass der baden-württembergische Weg auch bundesweit ein Signal an die anderen Länder ist, die überlegen, ob sie das allgemeine Promotionsrecht für Fachhochschulen einführen sollen“, so die Ministerin. 

Anlage:

Maßnahmenpaket Kooperative Promotion 

Information für die Redaktionen:

In das neue Landeshochschulgesetz (LHG) wurde die Kooptation von Professorinnen und Professoren der Hochschulen für angewandte Wissenschaften an Universitätsfakultäten aufgenommen, mit der diese die Möglichkeit erhalten, an der jeweiligen Fakultät Promotionen zu betreuen. Zudem wurde im Gesetz der gleiche Zugang von Masterabsolventen der Universitäten und der Hochschulen für angewandte Wissenschaften zur Promotion verankert. Der Wunsch nach verbessertem Zugang zur Promotion hat sich im LHG auch in einer Experimentierklausel niedergeschlagen, die die Möglichkeit eröffnet, einem Verbund von Hochschulen für angewandte Wissenschaften nach einem Prozess der Begutachtung durch den Wissenschaftsrat das Promotionsrecht verleihen zu können.  

Die Evaluierung der Promotionspraxis für Absolventinnen und Absolventen von Hochschulen für angewandte Wissenschaften in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften hat aufgezeigt, dass die ersten Kooperationen bereits gelebt werden, einzelne Strukturen aber weiter gestärkt und verlässlicher gestaltet werden müssen.  

An 4 Universitäten wurden bereits insgesamt 8 Professorinnen und Professoren von Hochschulen für angewandte Wissenschaften kooptiert. Zudem haben bereits alle Universitäten in Bezug auf die gleiche Behandlung von Absolventinnen und Absolventen der Hochschulen für angewandte Wissenschaften bei der Zulassung zur Promotion ihre Promotionsordnungen angepasst oder befinden sich aktuell in der Anpassung.  

Von den über 400 identifizierten Promotionsverfahren seit 2010 unter Beteiligung eines Professors oder einer Professorin einer Hochschule für angewandte Wissenschaften fanden 20 Prozent in einem kooperativen Promotionskolleg statt. Die gemeinsame Betreuung von Universität und Hochschule für angewandte Wissenschaften wurde von Promovierenden und Betreuenden in diesen Kollegs sehr positiv bewertet. Da allerdings über 80 Prozent der Promotionsverfahren unter Beteiligung eines Professors oder einer Professorin einer Hochschule für angewandte Wissenschaften außerhalb solcher Kollegs durchgeführt werden, hat die Arbeitsgruppe empfohlen, die Zahl der kooperativen Kollegs zu erhöhen und qualitätssichernde Strukturen und Fördermaßnahmen für die individuellen Verfahren zu stärken.  

Bislang werden 60 Prozent der Promotionen an baden-württembergischen Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Kooperation mit Universitäten außerhalb Baden-Württembergs durchgeführt. 

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