Raubkunst

Raubkunst geht an Erbengemeinschaft des früheren jüdischen Kunstsammlers zurück

Hans Krumper
Samuel Bottschild
Gottfried Schadow

Kunststaatssekretär Walter und SWR-Intendant Boudgoust: Nehmen unsere Verantwortung wahr, Raubkunst zu ermitteln und zurückzugeben

Das Land Baden-Württemberg und der Südwestdeutsche Rundfunk (SWR) haben insgesamt drei Zeichnungen aus der Staatsgalerie Stuttgart an die Erbengemeinschaft des früheren jüdischen Eigentümers Dr. Michael Berolzheimer (1866-1942) zurückgegeben. „Wir nehmen unsere historische Verantwortung wahr, Kulturgüter, die Verfolgten des Naziregimes entzogen worden sind, zu ermitteln und zurückzugeben“, betonten der Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Jürgen Walter, und SWR-Intendant Peter Boudgoust.

Bei den Zeichnungen handelt es sich um „Maria mit Kind und Engeln“ von Hans Krumper (Nachfolge) aus dem Jahr 1612, Gottfried Schadows „Studienblatt mit karikierten Köpfen“ sowie um die „Allegorie der Baukunst“ von Samuel Bottschild. Letztere war der Staatsgalerie Stuttgart vom SWR als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt worden. Zusammen mit dem Holocaust Claims Processing Office (HCPO) in New York hatte die Staatsgalerie die Verkaufsgeschichte der drei Zeichnungen erforscht und herausgefunden, dass die Verkäufe nach dem Erlass der Nürnberger Rassegesetze vom 15. September 1935 stattgefunden haben und sie somit als NS-verfolgungsbedingt einzustufen sind.

Christiane Lange, Direktorin der Staatsgalerie Stuttgart, erklärte: „Nach über zwei Jahren zum Teil aufwendiger Recherchen ist es der für uns tätigen Provenienzforscherin gelungen, zusammen mit der Erbengemeinschaft aus den USA und dem HCPO die Rückgabe der drei Zeichnungen in die Wege zu leiten“.

In Baden-Württemberg sind insgesamt drei Provenienzforscherinnen damit beschäftigt, die Bestände der davon betroffenen staatlichen Museen auf Kunstgegenstände zu überprüfen, die während der Zeit des Nationalsozialismus beschlagnahmt oder sonst verfolgungsbedingt entzogen wurden.

„Wie wichtig diese Aufgabe auch knapp 70 Jahre nach Kriegsende noch ist, belegt die Zunahme der offenen Restitutionsverfahren seit 2010 um 22 neue Fälle, von denen 14 - und damit mehr als die Hälfte - durch die Recherchen der Provenienzforscherinnen vor Ort in den staatlichen Museen eingeleitet werden konnten“, erklärte Staatssekretär Walter.

Weitere Informationen

Die Rückgabe des jeweiligen Kulturgutes erfolgt auf der Grundlage der Washingtoner Erklärung vom 3. Dezember 1998. Diese sieht vor, dass Kulturgüter, die NS-verfolgungsbedingt entzogen worden sind und bestimmten Geschädigten zugeordnet werden können, nach individueller Prüfung den legitimierten Eigentümerinnen und Eigentümern bzw. deren Erben zurückgegeben werden.

Deutschland hat sich zur Umsetzung dieser Grundsätze verpflichtet und dafür knapp ein Jahr später, am 14. Dezember 1999, die „Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz“ unterzeichnet.

An den vier von Restitutionsanfragen betroffenen staatlichen Museen des Landes Baden-Württemberg sind zur Zeit 29 Restitutionsverfahren anhängig, bei denen es um die Klärung der Frage einer möglichen Rückgabe von Kulturgütern an die Erben früherer jüdischer Eigentümer geht.

Insgesamt 23 Fälle konnten seit 2002 abgeschlossen werden. In 13 Fällen wurden Gemälde, Zeichnungen oder Kunstgegenstände zurückgegeben und sechsmal der Kunstgegenstand vom jeweiligen Landesmuseum zurückgekauft, während sich in zwei weiteren Fällen mit den Erben eine Verständigung dahingehend erzielen ließ, den Kunstgegenstand im jeweiligen Museum zu belassen. Ebenfalls zweimal stellten sich die Ansprüche nach zum Teil aufwendigen Recherchen der jeweiligen Provenienzforscherin als unbegründet heraus.

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