Studium

Gesetzentwurf zu Gebühren für Internationale Studierende in den Landtag eingebracht

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Internationale Studierende sollen künftig einen  solidarischen Beitrag zur Finanzierung des Hochschulsystems leisten. Baden-Württemberg nähert sich damit an den europäischen Standard an. Das Erststudium für alle Studierenden mit festem Inlandsbezug - gleich welcher Nationalität - bleibt gebührenfrei.

Ministerin Bauer: Wir haben einen Gesetzentwurf mit Augen-maß und Blick für Härtefälle vorgelegt. Wir stellen damit die Wissenschaft in Baden-Württemberg auf ein stabiles Fundament und stärken die Internationalisierung unserer Hochschulen

Der Gesetzentwurf wurde am heutigen Donnerstag (9. März) in erster Lesung in den Landtag eingebracht. Im Rahmen der Anhörung wurde er an wichtigen Stellen gezielt weiterentwickelt. Dabei standen Sozialverträglichkeit, die Förderung des internationalen wissenschaftlichen Austauschs und die Minimierung des Verwaltungsaufwands im Vordergrund.

Wissenschaftsministerin Theresia Bauer: „Niemand, der dauerhaft seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland hat, muss Gebühren bezahlen - ungeachtet von Herkunft und Nationalität. Wir möchten lediglich, dass Studierende, die von außerhalb der EU zu uns kommen, um ein Studium von hoher Qualität zu absolvieren, ebenfalls einen moderaten Beitrag für unser Hochschulsystem leisten. Mit Hilfe von Stipendien und verschiedenen  Ausnahmeregelungen nehmen wir  insbesondere Studierende aus  den entwicklungsschwachen Ländern in den Blick.“

Der Regierungsentwurf sei sozialverträglich und sinnvoll ausgestaltet, um durch die Gebühren auch eine Verbesserung der Situation der Internationalen Studierenden an unseren Hochschulen zu erreichen.“
Sozialverträglichkeit und wissenschaftlicher Austausch gewährleistet

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass internationale Studierende, die zum Zwecke des Studiums von außerhalb der EU einreisen, ab dem Wintersemester 2017/18 einen Eigenbeitrag von 1.500 Euro pro Semester leisten. 300 Euro davon verbleiben direkt bei den Hochschulen, um die Studienbedingungen für diese Gruppe zu verbessern und eine bessere Betreuung zu ermöglichen.

Die Gebührenpflicht gilt hingegen nicht für Studierwillige, gleich welcher Nation, die in Deutschland ihre Hochschulzugangsberechtigung erworben haben oder einen so genannten gefestigten Inlandsbezug aufweisen. Ebenfalls ausgenommen sind Asylsuchende, die entweder schon anerkannt sind oder bei denen die Anerkennung aufgrund der jeweiligen Herkunftsländer mit hohem Grad wahrscheinlich ist. Darüber hinaus werden Studierende, die im Rahmen von gegenseitigen Landes- oder Hochschulvereinbarungen für einen Kurzaufenthalt nach Baden-Württemberg kommen, ebenso von den Gebühren ausgenommen, wie Teilnehmende an Erasmus-Programmen. 

Für das Zweitstudium sollen ab diesem Zeitpunkt 650 Euro je Semester erhoben werden. Das Erststudium, einschließlich eines Bachelor- und eines Masterabschlusses, bleibt gebührenfrei. Wer für seinen Berufswunsch zwingend zwei Fächer studieren muss - ein Beispiel ist etwa die Kieferchirurgie - ,wird dies auch weiterhin ohne Gebühren tun können.  

Folgende Weiterentwicklungen enthält der Entwurf nach der Anhörung:

1. Sozialverträglichkeit:

  • Die Befreiungsmöglichkeiten der Hochschulen sind erweitert und präzisiert worden. Sie können künftig 5 Prozent aller internationalen Studierenden von den Gebühren befreien, das entspricht landesweit etwa 500 internationalen Studienanfängerinnen und -anfängern pro Jahr. Die Änderung bedeutet eine Ausweitung des Kontingents und reduziert den Berechnungsaufwand für die Hochschulen. Im Anhörungsentwurf waren zunächst 5 Prozent nur der gebührenpflichtigen Studierenden vorgesehen.
  • Die Hochschulen können die Befreiungen auf Grundlage einer Satzung durchführen, in der Begabung und soziale Kriterien berücksichtigt werden müssen. Zusätzlich müssen maßgeblich Studierende aus entwicklungsschwachen Ländern berücksichtigt werden;. darunter fallen die Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifiks oder die am wenigsten entwickelten Länder nach der Definition der Vereinten Nationen.
  • Die Hochschulen können zusätzliche Befreiungen aus ihrem Anteil der eingenommenen Gebühren finanzieren.
  • Außerdem wird es zusätzliche Befreiungsmöglichkeiten für Studierende geben, die in einem entwicklungsbezogenen Postgraduiertenstudiengang (EPOS) des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) eingeschrieben sind.
  • Asylsuchende bei denen die Anerkennung nach den jeweiligen Herkunftsländern mit hohem Grad wahrscheinlich ist, werden von Gebühren befreit, damit diese Gruppe möglichst schnell ein Studium aufnehmen kann, wenn die sprachlichen und fachlichen Voraussetzungen vorliegen.
  • Studierende mit einer studienerschwerenden Behinderung können von den Gebühren für ein Zweitstudium befreit werden.

2. Wissenschaftlicher Austausch:

  • Internationale Studierende einer Partnerhochschule, die im Rahmen von Doppelabschlussprogrammen nach Baden-Württemberg kommen, wer-den befreit.
  • Die neue Kategorie der „Forschenden Studierenden“, die keine ECTS Punkte an einer baden-württembergischen Hochschule erwerben, wird keine Gebühren bezahlen, um flexible Forschungs- und Kurzaufenthalte, zum Beispiel im Rahmen von Master- oder Doktorarbeiten, weiter zu ermöglichen.
  • Die Befreiung von Austauschstudierenden im Rahmen von Hochschulkooperationen ohne Abschlussziel ist flexibilisiert worden (nicht mehr „maximal“, sondern „in der Regel“ zwei Semester).

3. Verwaltungsaufwand:

  • Das Gesetz stellt eine Mitwirkungspflicht der Studierenden fest, damit die Hochschulen Rechtssicherheit und einen geringen Aufwand bei der Feststellung der Gebührenpflicht haben.
  • Eine zentrale Verwaltung der Gebühren für mehrere Hochschulen wird ermöglicht, um Ressourcen zu sparen.

Hintergrundinformationen für die Redaktionen:

Allgemeiner Hintergrund zum Gesetz
Der Wissenschaftsbereich ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Die Zahl der Studierenden in Baden-Württemberg ist seit 2005 um 50 Prozent auf ein Allzeithoch von 363.000 angestiegen. Die Drittmitteleinnahmen sind im gleichen Zeitraum um 100 Prozent gewachsen. Weil Innovationen mittlerweile weit überwiegend wissenschaftsgetrieben sind, wären drastische Kürzungen im Zukunftsressort Wissenschaft eindeutig falsch. Gleichwohl hat aber auch das Wissenschaftsministerium seinen Anteil zur Haushaltskonsolidierung beizutragen. 

Gleichzeitig hat die Mobilität internationaler Studierender enorm zugenommen. Die Zahl der Bildungsausländer stieg in den vergangenen 20 Jahren um rund 300 Prozent. Eine weitere Zunahme ist zu erwarten. Hochschulen und Gesellschaft profitieren davon, dass internationale Studierende zu uns kommen. Aber mit der enorm wachsenden Zahl müssen auch die Bedingungen dafür geschaffen werden, dass die jungen Menschen bei uns erfolgreich sein können. Das erfordert zusätzliche Mittel. Eine bessere Betreuung ist ein Schlüssel, um die Studienerfolgschancen zu verbessern. Deshalb werden 20 Prozent der Gebühr (das entspricht 300 Euro pro Semester) künftig direkt bei der Hochschule für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen in diesem Bereich verbleiben. 

Baden-Württemberg im internationalen Vergleich mit moderaten Gebühren
Im Vergleich mit anderen Ländern bewegen sich die Gebühren eher am unteren Rand. So verlangt beispielsweise Schweden durchschnittlich 10.000 Euro pro Jahr von internationalen Studierenden, obwohl es dort ebenfalls keine allgemeinen Studiengebühren gibt. Auch in Dänemark und Österreich werden ebenfalls Gebühren nur von internationalen Studierenden erhoben.

Die allermeisten internationalen Studierenden kommen aus Ländern, in denen die Studiengebühren mindestens genauso hoch, meist aber viel höher sind.

Die größten Gruppen internationaler Studierender in Baden-Württemberg kommen aus China und mit Abstand Indien (zusammen 30 Prozent). In beiden Ländern müssen Studierende jeweils hohe Studiengebühren zahlen; in China bis zu 8.000 Euro, in Indien bis zu 10.000 Euro.  

Die Einführung von Gebühren für internationale Studierende ist keine Vorstufe für allgemeine Studiengebühren. Diese schließt der Koalitionsvertrag klar aus.