Provenienzforschung als Grundlage von Restitutionen

Aufarbeitung und Rückgabe von NS-Raubgut

ARTIS-Uli Deck// 13.04.2022 Badisches Landesmuseum und  Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, gemeinsamer  Präsentationstermin & Pressegespräch zur Sammlung Dr. Ernst Gallinek.

In der Zeit des Nationalsozialismus sind Kulturgüter jüdischer Bürgerinnen und Bürgern systematisch beschlagnahmt worden. In vielen anderen Fällen sahen sich die Besitzerinnen und Besitzer gezwungen, ihre Kunstwerke zu verkaufen – oft deutlich unter Marktwert. Auch heute noch befinden sich solche Kulturgüter in öffentlichen Sammlungen. Baden-Württemberg bekennt sich zu seiner historischen Verantwortung und arbeitet mit Nachdruck darauf hin, NS-Raubgut aufzuspüren, um es an die Verfolgten oder an deren Nachfahren zurückzugeben.

Das Land bemüht sich nach Kräften, die Washingtoner Erklärung zur Identifikation und Rückgabe von NS-Raubgut umzusetzen. An mehreren Landesmuseen sind Dauerstellen für die Provenienzforschung eingerichtet worden. Diese Expertinnen und Experten überprüfen die Museumsbestände proaktiv auf mögliches NS-Raubgut und bearbeiten Restitutionsanträge. Wird NS-Raubgut identifiziert, versuchen sie, die Herkunft aufzuklären und die Kulturgüter zu restituieren. In einigen Fällen gelang es, die Objekte von den ehemaligen Besitzerinnen und Besitzer bzw. deren Nachfahren zurückzukaufen. Somit konnten die Kunstwerke in dem jeweiligen Landesmuseum verbleiben.

„Wir setzen die konsequente wissenschaftliche Aufarbeitung der Provenienz unserer musealen und wissenschaftlichen Sammlungen fort und legen diese transparent offen. Schwerpunkte sind dabei die Provenienzforschung bezogen auf NS-Raubgut und auf in kolonialem Unrechtskontext erworbene Objekte. Daraus können Rückgaben einschlägiger Objekte folgen.“
Koalitionsvereinbarung Baden-Württemberg

Bereits erfolgte Restitutionen und Rückkäufe

In Baden-Württemberg kam es bereits zu einer Vielzahl – teilweise auch überregional beachteter – Rückgaben von NS-Raubgut. Die Sammlung Gallinek konnte beispielsweise zurückgekauft werden.

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Objekt aus der Sammlung Gallinek

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ARTIS-Uli Deck// 13.04.2022 Badisches Landesmuseum und  Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, gemeinsamer  Präsentationstermin & Pressegespräch zur Sammlung Dr. Ernst Gallinek.

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Objekt aus der Sammlung Gallinek

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ARTIS-Uli Deck// 13.04.2022 Badisches Landesmuseum und  Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, gemeinsamer  Präsentationstermin & Pressegespräch zur Sammlung Dr. Ernst Gallinek.

Sammlung Gallinek

Im Jahr 2020 wurde die Sammlung Gallinek aus dem Bestand des Badischen Landesmuseums restituiert. Die Sammlung des 1865 in Breslau geborenen und 1940 in Baden-Baden verstorbenen jüdischen Kunst­sammlers Dr. Ernst Gallinek besteht aus 466 historischen Porzellanobjekten, Portraitminiaturen und Tapisserien.

Bereits 2008 wurde die Sammlung als NS-Raubgut identifiziert und in die Datenbank „Lost Art“ eingestellt. Nach Klärung der Erbsituation gelang es Baden-Württemberg mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, die Sammlung 2021 zurückzukaufen.

Rückgabe des Gemäldes Geschwister"

Das Gemälde „Geschwister“ von Erich Heckel stand 1934 noch im Eigentum des jüdischen Sammlers Max Fischer. Daraufhin gelangte es auf nicht mehr aufklärbare Weise erneut in den Besitz des Malers, der das Gemälde 1967 der Kunsthalle Karlsruhe überließ. Max Fischer musste 1935 verfolgungsbedingt in die USA emigrieren.

Aufgrund der Provenienzlücke, die sich trotz intensiver Forschung nicht schließen ließ, haben das Kunst-Ministerium und die Kunsthalle Karlsruhe 2019 im Einvernehmen mit den Erben Max Fischers entschieden, in dieser Restitutionsangelegenheit die „Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter, insbesondere aus jüdischem Besitz anzurufen. Diese empfahl 2021 die Rückgabe des Gemäldes. Daraufhin wurde das Gemälde den Erben Max Fischers restituiert.

Ausgleichszahlung für das Gemälde „Pferdestall"

Das Gemälde Pferdestall von Franz Krüger


Das Gemälde „Pferdestall“ von Franz Krüger stammt aus dem späten 19. Jahrhundert. Während des NS-Regimes musste das Kunstwerk von den Eigentümern veräußert werden, um die gegenüber jüdischen Bürgern erhobenen diskriminierenden Steuerabgaben begleichen zu können. 1972 gelangte das Kunstwerk in den Besitz der Kunsthalle Karlsruhe.

Durch ausführliche Provenienzforschung der Kunsthalle Karlsruhe und des „Holocaust Claims Processing Office“ (HCPO) in New York konnte die Herkunft des Gemäldes geklärt und Nachfahren ausfindig gemacht werden. Dank der Initiative des Kunst-Ministeriums wurde eine Ausgleichszahlung in Höhe des aktuellen Marktwertes mit den Erben der Familie Sommerguth vereinbart, in deren Besitz sich das Gemälde bis 1939 befand.

Provenienzforschung in Baden-Württemberg 

Die Klärung von Herkunft und Geschichte eines Kulturguts, die so genannte Provenienz, ist eine bedeutende Voraussetzung für die Rückgabe von NS-Raubgut. Bei der Provenienzforschung handelt es sich um eine komplexe, personalintensive und langfristige Aufgabe. Nicht immer wurden NS-verfolgungsbedingte Entziehungen dokumentiert, auch sind im Zweiten Weltkrieg viele Dokumente verloren gegangen oder vernichtet worden.

An der Staatsgalerie Stuttgart, der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, dem Badischen Landesmuseum in Karlsruhe sowie am Landesmuseum Württemberg sowie am Linden-Museum in Stuttgart sind deshalb Dauerstellen für die Provenienzforschung eingerichtet worden. Durch diese Forschungsarbeit konnten bereits eine Vielzahl von Provenienzen abschließend geklärt und zur Grundlage für sachgerechte Rückgabeentscheidungen gemacht werden.

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