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Arbeitsgruppe legt Plan zur Sicherung der medizinischen Versorgung auf dem Land vor

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Studium Arbeitsgruppe legt Plan zur Sicherung der medizinischen Versorgung auf dem Land vor

Wie lässt sich die ärztliche Versorgung auf dem Land sichern? Auf welche neuen und wachsenden Anforderungen müssen angehende Medizinerinnen und Mediziner eingestellt werden? Wie können die jungen Menschen bestens vorbereitet werden, insbesondere für die Arbeit in hausärztlichen Praxen und in den ländlichen Regionen? Eine von der Landesregierung ins Leben gerufene Arbeitsgruppe „Regionen für ärztliche Ausbildung“ hat ihren Abschlussbericht vorgelegt. Ihr Rat: Schon die Ausbildung sollte stärker im Ländlichen Raum erfolgen. Dort vor Ort müssen auch andere Hilfen ansetzen.

 „Junge Menschen entscheiden sich mit größerer Wahrscheinlichkeit nach dem Ende ihres Studiums für eine Tätigkeit in der regionalen medizinischen Versorgung, wenn sie bereits bei ihren ersten Praktika positive Erfahrungen in den Lehrpraxen auf dem Land machen konnten. Hier wollen wir in Zusammenarbeit mit den Medizinischen Fakultäten ansetzen“, sagte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer am Montag (8. März) in Stuttgart anlässlich der Vorstellung des Berichts der Arbeitsgruppe „Regionen für ärztliche Ausbildung“ der Landesregierung.

Ziel der AG war es, die vielfältigen Teilaspekte der Bereiche Allgemeinmedizin und der ländlichen Versorgung zu vernetzen und die vorgelegten Konzepte auf eine inhaltlich möglichst breite Basis zu stellen. Oft gehe es darum, die richtigen Ansprechpartner vor Ort miteinander zu vernetzen und konkrete Hürden in der praktischen Durchführung abzubauen. „Das kann die Unterstützung bei der Wohnungssuche während eines allgemeinmedizinischen Blockpraktikums in einer ländlichen Region bedeuten oder auch die stärkere Unterstützung von Lehrpraxen beim Mentoring der Studierenden“, so Ministerin Bauer.  

Konkret legt der Bericht eine Reihe von Maßnahmen vor, von denen hier einige exemplarisch aufgezählt werden können:      

  • Stärkere Nutzung von Telemedizin in ländlichen Gebieten fördern
  • Ressourcen der Medizinischen Fakultäten nutzen und gegenseitigen Datenzugang ermöglichen, Wissensaustausch und –transfer zwischen Universitätsklinika und den Akteuren in der Region etablieren.
  • Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern
  • Digitale Kompetenzen im Studium stärken und Chancen der Digitalisierung für die Lehre nutzen
  • Stärkung der interprofessionellen Zusammenarbeit im Studium und in der Ausbildung
  • Verbindung zwischen kommunalen Akteuren und Medizinischen Fakultäten stärken: Kommunale Gesundheitskonferenzen einbinden und gegenseitige Interaktion fördern

Bereits zum Wintersemester 2020/21 hat Baden-Württemberg das neue Neigungsprofil „Landarzt-Track“ im Medizinstudium eingeführt. „Das Neigungsprofil bietet Studierenden die Möglichkeit, bereits im Studium die vielfältigen Aspekte der Allgemeinmedizin kennenzulernen und sich optimal für eine spätere Tätigkeit auf dem Land zu qualifizieren. Die Studierenden können in jedem Semester spezielle, inhaltlich aufeinander abgestimmte Ausbildungsmodule wählen“, so Bauer. Der Einstieg ist in jeder Phase des Studiums möglich – vom „Landarzt-Track“ und der Stärkung der Allgemeinmedizin im Studium profitieren damit alle Medizinstudierenden. In den Kursen werden sie auch mit regionalen Akteuren wie etwa Hausärztinnen und Hausärzten, regionalen ambulanten und stationären Versorgungszentren sowie Gemeinden, Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sowie Landrätinnen und Landräten zusammengebracht

Der Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk MdL, betonte: „Für eine zukunftsfeste medizinische Versorgung im Ländlichen Raum sind die Themen Nachwuchsgewinnung und attraktive Rahmenbedingungen für den Arztberuf von maßgeblicher Bedeutung. Eine frühzeitige Verknüpfung und Kooperation der universitären Lehre mit den Versorgungsstrukturen auf dem Land sowie die Förderung attraktiver und innovativer Arbeitsbedingungen sind wichtige Bausteine für die Bindung junger Ärztinnen und Ärzte an den Ländlichen Raum. Die Arbeit und der Bericht der Arbeitsgruppe ergänzen daher auf vielfältige Weise unsere Bemühungen die medizinische Versorgung im Ländlichen Raum zu verbessern. Unsere ländlichen Räume in Baden-Württemberg gehören zu den attraktivsten Regionen Deutschlands. Daher ist nicht nur eine Niederlassung als Arzt oder Ärztin, sondern auch das Leben im Ländlichen Raum selbst erstrebenswert.“

Mit dem Bericht der Arbeitsgruppe „Regionen für ärztliche Ausbildung“ liege nun ein umfassendes, zukunftsweisendes Konzept für die regionale ärztliche Versorgung und die qualitative Weiterentwicklung des Medizinstudiums im Land vor, sagte Theresia Bauer weiter. „Auch diesen innovativen Ideen werden wir Taten folgen lassen.“

Gesundheitsminister Manne Lucha sieht eine große Chance darin, Mitarbeitende der kommunalen und staatlichen Daseinsvorsorge mit ihrer Expertise in die Weiterentwicklung innovativer Ansätze einzubinden. „Gerade die Kommunalen Gesundheitskonferenzen in Baden-Württemberg bieten sich als Bindeglied zu den Medizinischen Fakultäten an“, so Minister Lucha. „Die Erfahrungen der Stadt- und Landkreise sind in diesem Prozess unverzichtbar“, so Lucha weiter. Deshalb soll die konkrete Umsetzung auf kommunaler Ebene in allen Regionen des Landes erfolgen.

Das Konzept der Arbeitsgruppe unterstütze seine Auffassung, dass nur in ein Gesamtkonzept eingebettete Maßnahmen dem Ärztemangel in ländlichen Regionen entgegenwirken können. Das Konzept sei ein weiterer wichtiger Baustein in der Strategie der Landesregierung, mit verschiedenartigen Ansätzen die Attraktivität einer ärztlichen Tätigkeit im ländlichen Raum zu steigern und die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Berufsgruppen in der Medizin zu verbessern (interprofessionelle Zusammenarbeit).

Bericht der Arbeitsgruppe „Regionen für ärztliche Ausbildung“

Die im Bericht formulierten übergeordneten Ziele wurden mit Handlungsempfehlungen unterlegt, wie die notwendigen Reformen in der medizinischen Ausbildung und der medizinischen Versorgung angestoßen werden können.

Den Schlüssel sieht die Arbeitsgruppe in der Idee, die Belange der ärztlichen Ausbildung stärker in die Regionen einzubinden – etwa durch die Etablierung von regionalen Gesundheitsallianzen der Universitätsmedizin. Sie sollen gemeinsam mit den beteiligten Akteuren vor Ort notwendige inhaltliche Schwerpunkte im Curriculum des Medizinstudiums benennen und dafür attraktive Ausbildungsstränge entwickeln.

Die Arbeitsgruppe stand unter Federführung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst, unter enger Einbindung des Ministeriums für Soziales und Integration sowie des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz. Die Arbeitsgruppe umfasste aber auch Vertreterinnen und Vertreter der Medizinischen Fakultäten Baden-Württembergs, Expertinnen und Experten aus dem Fachbereich Allgemeinmedizin, Studierendenvertreter, Vertreterinnen und Vertreter der Versorgungsseite (z.B. Krankenhäuser, niedergelassene Ärzteschaft), des  Öffentlichen Gesundheitsdiensts und des Berufsrechts (Landesärztekammer) sowie der Kommunalen Landesverbände, um die vielfältigen Teilaspekte der Bereiche Allgemeinmedizin und der ländlichen Versorgung zu vernetzen und die vorgelegten Konzepte auf eine inhaltlich möglichst breite Basis zu stellen.

Konzeptpapier AG Regionen

Weitere Maßnahmen des Wissenschaftsministeriums im Bereich Medizin

  • Im Beschluss der Landesregierung zum Studienplatzausbau in der Humanmedizin wurde neben dem quantitativen Aufbau um 150 Studienanfängerplätze auch eine qualitative Weiterentwicklung des Medizinstudiums verankert. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat zudem bereits im Rahmen der Sonderlinie Hochschulmedizin den Fachbereich Allgemeinmedizin allein 2019 mit knapp 2 Mio. Euro zusätzlich gefördert, 2020 wurde diese Förderung mit mehr als 2 Mio. Euro fortgesetzt. Auch die geförderten Bereiche Curriculumsentwicklung, Lehrforschung und Skills Labs der Förderlinie Lehre kamen der Allgemeinmedizin mittelbar zugute (siehe PM: Ministerin stellt „Landarzt-Track“ im Medizinstudium vor).
  • Durch die Akademisierung (Hebammen) und Teilakademisierung von Gesundheitsfachberufen erweitert das Ministerium zudem das Fachkräftepotenzial in allen Regionen des Landes.
  • Durch den neu gegründeten Kompetenzverbund Hochschulmedizin werden ebenfalls finanzielle Mittel zur stärkeren Vernetzung der Universitätsmedizin in den einzelnen Regionen u.a. im Bereich der Ausbildung und der Versorgung zur Verfügung gestellt.
  • Gleichzeitig werden im Forum Gesundheitsstandort Baden-Württemberg mit den Projekten „AMBIGOAL“ und „Südbaden-Life“ durch das MWK bereits erfolgreiche Projekte gefördert, die sich insbesondere mit Reformen der ärztlichen Ausbildung und der Sicherstellung der medizinischen Versorgung auf dem Land befassen.

Weitere Maßnahmen des Ministeriums für Soziales und Integration zur Unterstützung der Sicherstellung einer guten hausärztlichen Versorgung

  • Mit dem Förderprogramm ‚Landärzte‘ unterstützt das Land die Übernahme oder Neugründung einer Hausarztpraxis bzw. die Anstellung einer Ärztin oder eines Arztes zur Verbesserung oder Erhaltung der hausärztlichen Versorgung im ländlichen Raum. Diese Fördermaßnahme wirkt sofort und greift die Versorgungslage nach der jeweils aktuellen Bedarfsplanung auf.
  • Das kürzlich in Kraft getretene Landarztgesetz schafft einen weiteren Zugang in der Zulassung zum Medizinstudium im Wege einer Vorabquote. Bewerberinnen und Bewerber, die sich gegenüber dem Land verpflichten, nach erfolgreichem Medizinstudium und einer fachärztlichen Weiterbildung eine Tätigkeit in der hausärztlichen Versorgung in einem unterversorgten oder von Unterversorgung bedrohten Gebiet aufzunehmen, können über diese Vorabquote zum Medizinstudium zugelassen werden.
  • Auch mit der Strategie zur Digitalisierung in Medizin und Pflege unterstützt das Ministerium für Soziales und Integration mit Förderaufrufen in den Bereichen Medizin und Pflege Projekte und Initiativen zur Verbesserung der medizinischen und pflegerischen Versorgung im Land. Insbesondere telemedizinische Projekte wie docdirekt können dazu beitragen, eine medizinische Versorgung in den ländlichen oder strukturschwächeren Regionen zu unterstützen.

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