Ministerin Theresia Bauer: Mit Einführung von Gebühren für internationale Studierende drastische Kürzungen im hoch dynamischen Bereich Wissenschaft verhindern und Hochschulen für zunehmende Internationalisierung gut aufstellen
Ministerpräsident Winfried Kretschmann: Moderater Eigenanteil von Studierenden von außerhalb der EU, die zum Zwecke des Studiums zu uns kommen
Das Kabinett hat am heutigen Dienstag (29. November 2016) die Anhörungsfreigabe für das Gesetz zur Erhebung von Gebühren für internationale Studierende und das Zweitstudium beschlossen. Das Gesetz sieht vor, dass internationale Studierende von außerhalb der EU ab dem Wintersemester 2017/18 künftig 1.500 Euro Eigenbeitrag pro Semester leisten. Für ein Zweitstudium sollen künftig generell 650 Euro pro Semester erhoben werden. Ministerpräsident Winfried Kretschmann: „Es handelt sich um einen moderaten Eigenanteil von denjenigen, die zum Zwecke des Studiums von außerhalb der EU an unsere Hochschulen kommen. Das ist gerechtfertigt gegenüber Inländern oder EU-Bürgern, die die Hochschulen schließlich über ihre Steuern finanzieren.“ Klar sei auch: Es gelte Bestandsschutz. Wer bereits an der Hochschule eingeschrieben sei, sei nicht betroffen und könne seinen Studiengang zu den geltenden Bedingungen abschließen.
Kürzungen vermeiden - Betreuung verbessern
Wissenschaftsministerin Theresia Bauer ergänzte: „Mit der Einführung von Gebühren für internationale Studierende verhindern wir einerseits drastische Kürzungen im enorm wachsenden Bereich der Wissenschaft. Andererseits erhalten wir die nötigen Mittel, um unsere Hochschulen für die zunehmende Internationalisierung gut aufzustellen.“
Der Wissenschaftsbereich sei in den vergangenen Jahren so stark gewachsen wie kein anderer. Die Zahl der Studierenden in Baden-Württemberg sei seit 2005 um 50 Prozent auf ein Allzeithoch von 363.000 angestiegen. Die Drittmitteleinnahmen seien im gleichen Zeitraum um 100 Prozent gewachsen. Innovationen in unserer Gesellschaft seien mittlerweile weit überwiegend wissenschaftsgetrieben. In diesem Kontext wären drastische Kürzungen eindeutig die falsche Reaktion, so Bauer. Gleichwohl habe aber auch das Wissenschaftsministerium seinen Anteil zur Haushaltskonsolidierung beizutragen.
Internationalisierung ist wichtig, muss aber gestaltet werden.
Auf der anderen Seite hat die Mobilität internationaler Studierender enorm zugenommen. Die Zahl der Bildungsausländer stieg in den vergangenen 20 Jahren um rund 300 Prozent. Eine weitere Zunahme ist zu erwarten. „Unsere Hochschulen und unsere Gesellschaft profitieren davon, dass internationale Studierende zu uns kommen. Aber mit der enorm wachsenden Zahl müssen wir auch die Bedingungen dafür schaffen, dass die jungen Menschen bei uns erfolgreich sein können. Das erfordert zusätzliche Mittel“, sagte Bauer. Bislang, so die Ministerin, hätten noch zu viele Studierende dieser Gruppe Schwierigkeiten mit den kulturellen und systemischen Unterschieden, die sie in Baden-Württemberg vorfänden. Eine bessere Betreuung sei der Schlüssel, um die Studienerfolgschancen zu verbessern. Deshalb werde ein Teil der Gebühr (vorgesehen sind 300 Euro pro Semester) künftig direkt bei der Hochschule für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen in diesem Bereich verbleiben, sagte Bauer.
Baden-Württemberg im internationalen Vergleich mit moderaten Gebühren
Im Vergleich mit anderen Ländern, fuhr die Ministerin fort, seien die Gebühren zudem bewusst moderat. So verlange beispielsweise Schweden 10.000 Euro pro Jahr von internationalen Studierenden, obwohl es dort ebenfalls keine allgemeinen Studiengebühren gebe.
„Die allermeisten internationalen Studierenden kommen aus Ländern zu uns, in denen die Studiengebühren mindestens genauso hoch, meist aber viel höher sind“, sagte Ministerpräsident Kretschmann. Die Studierenden seien es mithin gewohnt, für herausragende Bildung einen Eigenbeitrag zu leisten: „Wir wollen, dass die Studierenden zu uns kommen, weil unsere Hochschulen attraktiv sind, nicht weil es bei uns billig ist.“
Die Einführung von Gebühren für internationale Studierende sei aber keinesfalls als Vorstufe für allgemeine Studiengebühren zu verstehen, stellte Bauer klar: „Allgemeine Studiengebühren schließt der Koalitionsvertrag aus. Und der gilt.“
Hintergrund:
Wer ist betroffen?
Nur, wer zum Zwecke des Studiums einreist, soll ab dem Wintersemester 2017/18 gebührenpflichtig werden. Wer bereits an der Hochschule eingeschrieben ist, kann seinen Studiengang zu den geltenden Bedingungen abschließen.
Die Gebührenpflicht gilt hingegen nicht für Studierwillige, gleich welcher Nation, die in Deutschland ihre Hochschulzugangsberechtigung erworben haben oder einen so genannten gefestigten Inlandsbezug aufweisen. Ebenfalls ausgenommen sind Geflüchtete.
Darüber hinaus sollen Studierende, die im Rahmen von gegenseitigen Landes- oder Hochschulvereinbarungen für einen Kurzaufenthalt nach Baden-Württemberg kommen, von den Gebühren ausgenommen sein. Auch Teilnehmende von Erasmus-Programmen sollen nach dem Entwurf nicht betroffen sein.
Was bedeutet Zweitstudium?
Das Erststudium, einschließlich des Masterabschlusses ist gebührenfrei. Erst ein zweiter Bachelorabschluss oder ein zweiter Masterabschluss werden gebührenpflichtig. Wer für seinen Berufswunsch zwingend zwei Fächer studieren muss - ein Beispiel ist etwa die Kieferchirurgie - für den wird dies auch weiterhin ohne Gebühren möglich sein.
Auch andere Länder wie beispielsweise Rheinland-Pfalz, Sachsen und Sachsen-Anhalt verlangen Gebühren für ein Zweitstudium.
Gebührenhöhe im internationalen Vergleich
Die größten Gruppen internationaler Studierender in Baden-Württemberg kommen aus China und mit Abstand Indien (zusammen 30 Prozent). In beiden Ländern müssen Studierende zu Hause jeweils deutlich höhere Gebühren zahlen. In China bis zu 8.000 Euro, in Indien bis zu 10.000 Euro.
Insgesamt kommt die weit überwiegende Anzahl Studierender (mindestens 60 Prozent) aus Ländern, die vergleichbare oder deutlich höhere Gebühren erheben:
vergleichbar: zum Beispiel Russland, Schweiz;
höher: zum Beispiel China, Indien, Südkorea, USA, Japan.