Wissenschaftsministerin Theresia Bauer: „Die Einführung der Verfassten Studierendenschaft im Jahr 2012 war eine große Errungenschaft, an der wir auch weiter festhalten“
„Die Regierungsfraktionen haben einen klugen Kompromiss gefunden für ein Vorhaben, das im Koalitionsvertrag verabredet war. Das Aufgabenfeld der Verfassten Studierendenschaft wird dabei nicht beschnitten. Die Wahrnehmung der hochschulpolitischen Belange und die Förderung der politischen Bildung der Studierenden bleiben wie bisher zentrale Aufgaben der Verfassten Studierendenschaft“, betonte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer am Freitag (28. Juli) in Stuttgart. Bei der Änderung handele es sich lediglich um eine Präzisierung des Textes: „Eine allgemeinpolitische Betätigung hat das Bundesverwaltungsgericht bereits 1979 für unzulässig erachtet. Wir nutzen die jetzige Überarbeitung des Landeshochschulgesetzes, um die notwendige Präzisierung vorzunehmen. Die Einführung der Verfassten Studierendenschaft 2012 war und ist eine große Errungenschaft.“ Die Inhalte des Mandats bleiben vollumfänglich erhalten - „entscheidend ist doch, dass die Handlungsfelder der Studierenden nicht beschnitten werden“.
Seit der Einführung der Verfassten Studierendenschaft können die Studierenden wirksam für die sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Belange aller Studierenden eintreten. „Das Mandat, das die Studierenden 2012 aus gutem Grund erhalten haben, bleibt bestehen“, betonte Bauer.
Im Koalitionsvertrag haben die beiden Parteien Grüne und CDU vereinbart, bei den Aufgaben der Verfassten Studierendenschaft Rechtsklarheit zu schaffen und deshalb den Anwendungsbereich im Sinne eines klaren hochschulpolitischen Mandats zu präzisieren.
Hintergrund
Durch die neue Fassung des § 65 Landeshochschulgesetz, Absatz 4, wird verdeutlicht, dass eine allgemeinpolitische Betätigung der Verfassten Studierendenschaft unzulässig ist. Dies galt auch bislang schon und ist seit langem höchstrichterlich geklärt. Das Bundesverwaltungsgericht hatte schon 1979 festgestellt, dass ein allgemeinpolitisches Mandat, verstanden als nachhaltige und uneingeschränkte Kundgabe nicht hochschulbezogener, allgemeinpolitischer Meinungen und Forderungen, gegen das Grundgesetz verstößt (BVerwGE 59, 231 - 7 C 58/78). In der Praxis wurde das politische Mandat mitunter im Sinne dieses allgemeinpolitischen Mandats fehlgedeutet.
Die Streichung schränkt die bisherige Tätigkeit nicht ein, aber sie klärt die Grenze dessen, was nicht erlaubt ist (und bisher schon nicht erlaubt war).
Entscheidend ist die Aufgabenbeschreibung in §65, Absatz 2, 1-7, die unverändert bleibt:
§ 65 Landeshochschulgesetz
[…]
(2) Die Studierendenschaft verwaltet ihre Angelegenheiten im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen selbst. Sie hat unbeschadet der Zuständigkeit der Hochschule und des Studierendenwerks die folgenden Aufgaben:
- die Wahrnehmung der hochschulpolitischen, fachlichen und fachübergreifenden sowie der sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Belange der Studierenden,
- die Mitwirkung an den Aufgaben der Hochschulen nach den §§ 2 bis 7,
- die Förderung der politischen Bildung und des staatsbürgerlichen Verantwortungsbewusstseins der Studierenden,
- die Förderung der Chancengleichheit und den Abbau von Benachteiligungen innerhalb der Studierendenschaft,
- die Förderung der Integration ausländischer Studierender, die einen Studienabschluss in Baden-Württemberg anstreben,
- die Förderung der sportlichen Aktivitäten der Studierenden,
- die Pflege der überregionalen und internationalen Studierendenbeziehungen.
(3) Zur Erfüllung ihrer Aufgaben ermöglicht die Studierendenschaft den Meinungsaustausch in der Gruppe der Studierenden und kann insbesondere auch zu solchen Fragen Stellung beziehen, die sich mit der gesellschaftlichen Aufgabenstellung der Hochschule, ihrem Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung sowie mit der Anwendung der wissenschaftlichen Erkenntnisse und der Abschätzung ihrer Folgen für die Gesellschaft und die Natur beschäftigen.
(4) Im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben nimmt die Studierendenschaft ein politisches Mandat wahr. Sie wahrt nach den verfassungsrechtlichen Grundsät-zen die weltanschauliche, religiöse und parteipolitische Neutralität.