Wie haben lesbische Frauen im deutschen Südwesten gelebt und welche Hindernisse, Diskriminierungen und Verfolgungen mussten sie erleben? Welche Nachwirkungen hatten ihre Verfolgungen und Ausgrenzungen durch den Nationalsozialismus in der Zeit nach 1945? Wie gestaltete sich lesbisches Leben in den 1950er und 1960er Jahren und welchen Handlungsspielraum hatten die Frauen? Die Lebenssituation Frauen liebender Frauen ist im Vergleich zur Situation männlicher Homosexueller für diesen Zeitraum bislang nur unzureichend erforscht. Das gilt besonders mit Blick auf Baden-Württemberg. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst unterstützt daher ein gemeinsames Forschungsprojekt der Universitäten Freiburg und Heidelberg mit rund 200.000 Euro.
„Ich freue mich, dass sich Wissenschaftlerinnen unserer Universitäten mit der Erforschung der Lebenssituation lesbischer Frauen in der Weimarer Republik, im Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit einem bislang wenig beachteten Bereich widmen. Denn ich bin davon überzeugt, dass die persönlichen Geschichten und Lebensumstände Frauen liebender Frauen auch aufschlussreich sein werden für die Frauen- und Geschlechtergeschichte, die Wissens- und Medizingeschichte wie auch für sozial- und politikgeschichtliche Fragestellungen“, sagte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer am Dienstag (13. April) in Stuttgart.
Die Professorinnen Katja Patzel-Mattern und Karen Nolte von der Universität Heidelberg sowie Professorin Sylvia Paletschek von der Universität Freiburg untersuchen in ihrem Forschungsprojekt „´Alleinstehende Frauen`, ´Freundinnen`, ´Frauen liebende Frauen` – Lesbische Lebenswelten im deutschen Südwesten (ca. 1920er-1960er Jahre) unter besonderer Berücksichtigung der Verfolgung in der Zeit des Nationalsozialismus“ das Leben und die Lebensumstände lesbischer Frauen im Südwesten.
Lesbische Lebensgeschichten sollen im Forschungsprojekt nicht aufgehen in einer Diskriminierungs- und Verfolgungsgeschichte. Die Professorinnen stellen vielmehr die generelle Frage, wie und ob Frauen nicht-normative Lebensentwürfe und nicht-heteronormatives sexuelles Begehren verwirklichen konnten.
Die Professorinnen unterteilen ihre Forschungsarbeit in die Teilprojekte „Akteur*innen – Vernetzungen – Kommunikationsräume“, „Die Grenzen des Privaten. Rechtliche und private Rahmenbedingungen“ und „Medizin- und wissenschaftsgeschichtliche Perspektive“.