„Künstliche Intelligenz hat vielleicht die stärkste Veränderungskraft, die der technische Fortschritt je gesehen hat. Ein Hochtechnologieland wie Baden-Württemberg muss in diese Königstechnologie investieren, um auch morgen in der wirtschaftlichen Champions League mitzuspielen. Deshalb hat die Landesregierung heute, ergänzend zu den 100 Millionen Euro, die bereits 2018 für die Ko-Finanzierung von Projekten des Bundes zu Künstlicher Intelligenz und für Batterieforschung vorgesehen wurden, ein Maßnahmenpaket zur Förderung der Künstlichen Intelligenz in Baden-Württemberg beschlossen. Mit 20 Millionen Euro fördern wir Projekte, die die Wettbewerbsfähigkeit von Wirtschaft und Wissenschaft des Landes beim Thema KI stärken. Wir stellen uns dem technologischen Umbruch und machen Baden-Württemberg zum Vorreiter der Künstlichen Intelligenz“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Anschluss an die Sitzung des Ministerrats in Stuttgart.
„Mit den heute beschlossenen Maßnahmen setzen wir schnell Impulse in wichtigen Handlungsfeldern. Aber klar ist auch: Dies kann nur ein Anfang sein. Weitere bedeutende Schritte müssen in den nächsten Jahren folgen, damit wir im internationalen Wettbewerb vorne mitspielen können. Das gilt nicht nur für Baden-Württemberg, sondern insbesondere auch für den Bund“, so Kretschmann. Die Landesregierung habe der EU-Kommission im Januar gemeinsame Sofortmaßnahmen vorgeschlagen, damit KI auch europäisch vorankommt. „Die Bundesregierung muss nun ebenfalls entschlossen und mit Nachdruck ihre KI-Strategie umsetzen.“
„Künstliche Intelligenz ist die Schlüsseltechnologie für die Wertschöpfung der Zukunft. Es gibt kaum ein Feld der Digitalisierung, das solche hohen Wachstumsraten erwarten lässt. Aber der internationale Wettbewerb ist hart. Wenn wir von diesem Wachstum profitieren wollen, muss „KI made in Baden-Württemberg“ zur Marke werden und wir müssen die Kommerzialisierung von KI entschlossen vorantreiben. Deshalb brauchen wir mehr Unternehmen im Land, die Künstliche Intelligenz entwickeln, an den Markt bringen und erfolgreich einsetzen“, betonte Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut. „Um das zu erreichen, investieren wir zum einen in den Ausbau unserer bereits vorhandenen Stärken, aber gezielt auch in die Entwicklung neuer Stärken. Schlüsselprojekt des Wirtschaftsministeriums ist der geplante große Innovationspark KI, mit dem wir ein international sichtbares Wertschöpfungszentrum für Künstliche Intelligenz schaffen wollen“, so Hoffmeister-Kraut weiter.
„Wir stärken die KI-Forschung in Baden-Württemberg – von Baumaßnahmen bis hin zu KI-Projekten in der Medizin und anderen Lebenswissenschaften. Dabei kommt es uns insbesondere darauf an, unsere international sichtbare Spitze Cyber Valley weiter zu stärken. Der Forschungsverbund aus Wissenschaft und Wirtschaft wächst und wir unterstützen als Land diesen Pionier dabei mit allen Kräften. Durch die Stärkung der Governance- und Managementstrukturen entlasten wir ein Stück weit auch die Forscherinnen und Forscher, damit sie sich voll auf ihre Forschung konzentrieren können“, sagte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer. Ihr Herzensprojekt sei das neue Fellow-Programm – internationale Spitzen- und Nachwuchswissenschaftler kommen zum Forschungsaufenthalt ins Cyber Valley – als eine zentrale Maßnahme zur europäischen Vernetzung. „Damit bringen wir die europäische Zusammenarbeit in der KI-Spitzenforschung weiter voran. Wir wollen, dass Europa global ein Gestalter der Zukunft wird. Damit wir als Land dabei auch in der europäischen Debatte zu KI und Ethik mitreden können und den Anspruch des Landes auf eine werteorientierte KI einlösen, bauen wir Dialogstrukturen zu KI und Ethik auf“, so Bauer.
Die Mittel, die aus dem Nachtragshaushalt 2018/2019 stammen, sind auf drei Schwerpunkte konzentriert: Grundlagenforschung, wirtschaftsnahe Forschung und ein Aktionsprogramm für den Mittelstand. Insgesamt umfasst das vom Wirtschafts- und vom Wissenschaftsministerium gemeinsam erarbeitete Maßnahmenpaket vierzehn Projekte.
Stärkung der Governance- und Managementstrukturen von Cyber Valley
Cyber Valley soll wachsen und den Wissenstransfer fördern sowie die internationale Vernetzung stärken. So sind zum Beispiel die Verbindung der KI-Standorte im Land und auch der Dialog mit der Gesellschaft bei neuen Technologien, Aufgaben, die angegangen werden müssen. Das alles benötigt zusätzliche Ressourcen. Insgesamt werden hierfür 2 Mio. Euro (Personal- und Sachmittel) aus dem Nachtragshaushalt 2019 veranschlagt.
Fellow-Programm zur europäischen Vernetzung
Ähnlich wie im Fellow-Programm der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) sollen Spitzen- und Nachwuchswissenschaftler in das Cyber Valley zu einem erweiterten Aufenthalt eingeladen werden. Dadurch wird das Renommee und die Attraktivität von Cyber Valley für Wissenschaft und Wirtschaft gestärkt. Zudem dient das Programm der europäischen Vernetzung mit dem längerfristigen Ziel einer europäischen KI-Einrichtung im Sinn der ELLIS-Initiative europäischer Spitzenforscher (Vorbild ist das European Molecular Biology Laboratory - EMBL). Hierfür sind 1 Mio. Euro aus dem Nachtragshaushalt 2019 vorgesehen.
Stärkung der universitären Partner des Cyber Valley
Um neue Projekte der Cyber Valley Research Groups der Universitäten Tübingen und Stuttgart rasch durchführen zu können, soll der Cyber Valley Research Fund aufgestockt werden. Diese Förderung wird die Forschungskraft der Universitäten gegenüber der MPG und den Wirtschaftspartnern stärken. Hierfür sind 0,5 Mio. Euro aus dem Nachtragshaushalt 2019 veranschlagt.
Erweiterung des Cyber Valley Gebäudes (Bauteil Stuttgart)
Cyber Valley entwickelt sich sehr dynamisch und noch erfolgreicher als erwartet. Die Planungen für das neue Cyber Valley-Gebäude, für das vom Land bereits 40 Mio. Euro zugesagt sind, schreiten voran. Dabei zeigt sich, dass die Projektflächen (Cyber Valley-Projekte, Kooperation mit Unternehmen, Start-ups etc.) am Standort Stuttgart nicht ausreichen. Geplant werden soll deshalb eine weitere Versuchshalle „High Bay 2“, die die ursprüngliche „High Bay“ um 500 m² vergrößert.
KI-Forschung in der Medizin und weiteren Lebenswissenschaften
KI-Forschungsressourcen müssen im Land weiter aufgebaut werden. Hierfür sollen Initiativen der medizinischen Fakultäten aufgegriffen werden. Beabsichtigt ist die Einrichtung von Nachwuchsgruppen und anderer struktureller Unterstützung sowie die Förderung von Pilotprojekten in der Medizin (Themen: Analyse, Bilderkennung, Machine Learning auf großen Datenmengen, interpretierbare Vorhersagemethoden zur Behandlungsunterstützung u. ä.), die Bearbeitung dabei entstehender ethischer Fragestellungen (z. B. in Form von „Ethics by Design“) oder von Projekten, die ethische Fragestellungen zum Gegenstand haben. Darüber hinaus ist die Förderung von Projekten in den weiteren Lebenswissenschaften beabsichtigt.
Grundsätzlich sind Maßnahmen erforderlich, die KI in die Fachdisziplinen tragen. Gefördert werden soll z. B. ein KI-gestütztes Infrastrukturprojekt (Science Data Center „Move“) des Max-Planck-Instituts für Ornithologie Radolfzell und der Universität Konstanz (Projektvolumen bis zu 1 Mio. Euro). Insgesamt sollen 3 Mio. Euro hierfür aus dem Nachtragshaushalt 2019 bereitgestellt werden.
Ethik und KI
Um den Anspruch des Landes auf eine werteorientierte KI einzulösen und gesellschaftliche Akzeptanz von KI-Innovationen zu unterstützen, sollen Dialogstrukturen und Forschungsexpertise aufgebaut sowie geistes- und sozialwissenschaftliche Kompetenz in KI-Forschungsvorhaben einbezogen und gefördert werden. Hierfür werden 0,5 Mio. Euro im Nachtragshaushalt 2019 veranschlagt.
Kommerzialisierung von KI vorantreiben
Mit dem „Aktionsprogramm KI für den Mittelstand“ will das Wirtschaftsministerium die Anwendung und Kommerzialisierung von Künstlicher Intelligenz im Mittelstand branchenübergreifend und schnell vorantreiben. Hierfür sind sowohl Leuchtturmprojekte mit internationaler Strahlkraft geplant als auch Maßnahmen, um kleine und mittlere Unternehmen flächendeckend mit den Möglichkeiten von KI vertraut zu machen. Auch die Entstehung ganz neuer KI-Unternehmen soll befördert werden. Hierfür stehen insgesamt 5,3 Mio. Euro zur Verfügung.
Als mögliches Schlüsselprojekt für die erfolgreiche Kommerzialisierung von Künstlicher Intelligenz gilt die Errichtung eines großen Innovationsparks KI. Der Innovationspark soll KI-Unternehmen, Start-ups sowie Forschungs- und Transfereinrichtungen aus dem In- und Ausland optimale Innovations- und Standortbedingungen bieten, etwa durch Bereitstellung der notwendigen Flächen, modernste Infrastruktur sowie Testfelder für KI-Produkte und KI-Dienstleistungen. Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche, wirtschaftlich tragfähige Umsetzung dieses Vorhabens sollen mit einer Machbarkeitsstudie geprüft werden, die zügig erstellt werden soll. Dafür stehen 500.000 Euro bereit.
Weitere Maßnahmen des Aktionsprogramms sind
- der Aufbau eines landesweiten Netzes von KI-Laboren als Informations-, Erprobungs- und Experimentierräume für Unternehmen (Fördervolumen: 2 Mio. Euro),
- ein Wettbewerb zur Förderung gemeinsamer KI-Innovationsprojekte von Unternehmen und Forschungseinrichtungen (1,75 Mio. Euro),
- eine Auszeichnung „KI-Champions Baden-Württemberg“ für vorbildhafte KI-Unternehmen und Forschungseinrichtungen, KI-basierte Geschäftsmodelle, Produkte und Dienstleistungen (0,1 Mio. Euro) sowie
- die Einrichtung der Innovationsplattform KI, eines Expertennetzwerks, das Konzepte und konkrete Lösungen für neue KI-basierte Wertschöpfung und Geschäftsmodelle in Baden-Württemberg erarbeiten soll (0,95 Mio. Euro).
Brückenschlag zwischen Wirtschaft und Wissenschaft beschleunigen
Mit einem wirtschaftsnahen Forschungsprogramm soll der Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft verbessert werden. Für drei ausgewählte Forschungsprojekte in den wichtigen KI-Anwendungsfeldern Robotik, industrielle Fertigung und Medizintechnik stellt das Wirtschaftsministerium insgesamt 4,7 Mio. Euro zur Verfügung:
- Das Projekt „Kognitive Robotik“ befasst sich mit der Erforschung und Entwicklung von Robotern, die auch in komplexen Umgebungen mit unvorhergesehenen Situationen umgehen können. (Fördervolumen: 1 Mio. Euro)
- Im Projekt „Mikroelektronik für KI“ werden sichere, lernfähige und besonders energieeffiziente KI-Chips entwickelt, die ein elementarer Baustein für die Industrie 4.0 und das Internet der Dinge sind. (2,0 Mio. Euro)
- Das Projekt „Intelligente Diagnostik“ soll die Technologie zur Erkennung von Hauttumoren mit Hilfe von KI maßgeblich weiterentwickeln. (1,7 Mio. Euro)
- Ziel dieser Projekte ist es, modernste KI-Technologien für die jeweiligen Einsatzfelder zu entwickeln und insbesondere für mittelständische Unternehmen verfügbar zu machen. Daraus sollen neue oder verbesserte Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle „made in BW“ entstehen. In allen Projekten wird deshalb auch von Anfang an ein enger Austausch mit Industrieunternehmen stattfinden.