Der Verfassungsgerichtshof von Baden-Württemberg hat den Antrag einer Vereinigung von Nama-Stammesältesten (NTLA) heute zurückgewiesen, die geplante Rückgabe von Bibel und Peitsche des Nama-Führers Hendrik Witbooi auszusetzen.
Wir halten auch nach Rücksprache mit der namibischen Regierung wie geplant an der Rückgabe fest. Innerhalb der Nama gibt es bekanntermaßen unterschiedliche Positionen. Die Familie Witbooi beispielsweise wird von der NTLA nicht vertreten. Erst vor wenigen Tagen hat uns Ida Hoffmann, die offizielle Sprecherin der Nama-Opfervereinigung ‚Nama Genocide Technical Committee‘, die an den Verhandlungen mit der Bundesregierung zur Aussöhnung beteiligt ist, nochmals eindringlich schriftlich darum gebeten, dass wir Bibel und Peitsche nächste Woche an den namibischen Staat übergeben“, sagte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer am Donnerstag (21. Februar) in Stuttgart.
„Der nun vorliegende Beschluss zeigt, dass auch aus Sicht des Verfassungsgerichts vieles dafür spricht, dass der Rechtsstreit Konflikte betrifft, die innherhalb Namibias geklärt werden müssen“, so Bauer. „Da wir um die Sensibilität des Themas wissen, war es uns von Anfang an ein großes Anliegen, bei der Rückgabe auch Vertreter der Herkunftsgesellschaft und der Familie einzubeziehen“, so Bauer. Daher habe man das Gespräch mit der Familie und Nama-Gruppierungen gesucht. Vertreter der Familie haben bei den Gesprächen mit Staatssekretärin Olschowski im Oktober 2018 ausdrücklich erklärt, dass sie angesichts der nationalen Bedeutung Hendrik Witboois mit einer Übergabe der Objekte in staatliche Obhut einverstanden sind.
Die offizielle Übergabe wird am Donnerstag (28. Februar) in Gibeon im Süden Namibias, dem Stammsitz der Witbooi und Siedlungsgebiet vieler Nama-Gruppen, stattfinden. Der Präsident der Republik Namibia, Dr. Hage Geingob, wird Bibel und Peitsche von Wissenschaftsministerin Bauer persönlich entgegennehmen. Die Rückgabe ist ein Ereignis von größter nationaler Bedeutung. Es werden Mitglieder der Regierung und des Parlaments wie auch der Gründungspräsident der Republik, Dr. Sam Nujoma, und der ehemalige Präsident Hifikepunye Pohamba teilnehmen.
Die Objekte aus dem Linden-Museum sollen nach Auskunft der namibischen Stellen weiterhin öffentlich zugänglich bleiben. Die Bibel kommt zunächst ins Nationalarchiv, wo auch Briefe Hendrik Witboois aufbewahrt werden, die Peitsche ins Nationalmuseum. Hendrik Witbooi war während der deutschen Kolonialzeit Anführer der Nama-Gruppen. Heute wird er in Namibia jedoch weit darüber hinaus als eine der zentralen Persönlichkeiten der gesamten namibischen Geschichte angesehen und als nationales Symbol im Kampf gegen den Kolonialismus verehrt. „Die beiden Objekte aus dem Linden-Museum haben den Charakter nationaler Kulturgüter, die von hervorgehobener kultureller Bedeutung für das gesamte Land sind“, so Bauer abschließend.
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Nama sind eine ethnische Obergruppe, die in Süd-, teils auch Zentralnamibia im Nordkap (Südafrika) und im Westen Botswanas leben. In Namibia leben mehr als zehn Nama-Clans. Diese kleineren Gruppen sind nach wie vor für die Identifikation entscheidend. Eine dieser Gruppen sind die //Khowesen, nach ihrer führenden Familie besser als Witbooi bekannt. Sie sind nicht MItglied der 2007 gegründeten Nama Traditional Leaders Association (NTLA), die daher auch nicht für sie sprechen kann.
Die Republik Namibia hat sich über die deutsche Botschaft in Berlin an das baden-württembergische Wissenschaftsministerium gewandt und um Rückgabe zunächst der „Witbooi-Bibel“, später auch der Peitsche von Hendrik Witbooi gebeten. Zur Vorbereitung der Rückgabe von Bibel und Peitsche hat eine baden-württembergische Delegation unter der Leitung von Staatssekretärin Petra Olschowski im Herbst 2018 Namibia besucht und Gespräche mit offiziellen Regierungsvertretern wie auch mit Angehörigen der Familie Witbooi geführt.