Das Land Baden-Württemberg ehrt die Autorin Nino Haratischwili mit dem Schiller-Gedächtnis-Preis 2019. Der Preis zeichnet herausragende Literatinnen und Literaten für ihr schriftstellerisches Gesamtwerk aus. Der Schiller-Gedächtnis-Preis ist der bedeutendste Literaturpreis des Landes Baden-Württemberg und zählt zu den wichtigsten Literaturpreisen in Deutschland.
„Nino Haratischwili gehört zu den bedeutendsten Autorinnen der deutschsprachigen Literatur, und das nicht nur in ihrer Generation. Ihre Werke zeigen beeindruckend, was Literatur zu leisten vermag, wenn sie sich mit aktuellen gesellschaftlichen Konflikten beschäftigt“, sagte Kunstministerin Theresia Bauer am Freitag (16. August) in Stuttgart. Die Ehrenpreise erhalten die Nachwuchsdramatikerinnen Svealena Kutschke und Maryam Zaree. Die Entscheidung traf eine unabhängige Jury unter Vorsitz von Kunststaatssekretärin Petra Olschowski, die den Schiller-Gedächtnis-Preis 2019 am 14. November in Stuttgart verleihen wird.
„Nino Haratischwilis literarisches Werk ist facettenreich und von einer hohen ästhetischen und sprachlichen Qualität“, so die Bewertung der Jury. „Ihre Stücke folgen einer offenen Dramaturgie, sind erzählend und stellen Fragen, ohne moralisierend zu sein. Ihre Figuren spiegeln die gefährdete Subjektivität in unserer krisenhaften globalisierten Welt, thematisieren Migration und die psychologischen Beschädigungen aus weiblicher Perspektive. Mit ihrem 2014 veröffentlichten monumentalen Familienepos ‘Das achte Leben (Für Brilka)‘ zeigt sich Nino Haratischwili auf über 1.200 Seiten als eine große sprachliche Stilistin“.
Kunstministerin Theresia Bauer betonte: „Literatur hat für Nino Haratischwili immer auch eine gesellschaftspolitische Funktion. Mit ihr zeichnen wir eine Autorin aus, die der deutschsprachigen Literatur neue Perspektiven öffnet und sich damit in die aufklärerische Tradition Schillers stellt. Das gilt auch für ihre Theatertexte.“
Die Auszeichnung ist mit einem Preisgeld von 25.000 Euro verbunden. Die mit jeweils 7.500 Euro dotierten Förderpreise gehen an die Nachwuchsdramatikerinnen Svealena Kutschke und Maryam Zaree. „Sie haben mit ihren Arbeiten auf beeindruckende Weise das Gegenwartstheater bereichert, von ihnen ist noch viel zu erwarten. Mit der Auszeichnung sollen ihnen weitere wichtige Erfahrungen am Theater ermöglicht werden“, sagte Theresia Bauer.
Der Schiller-Gedächtnis-Preis ist der bedeutendste Literaturpreis des Landes Baden-Württemberg und zählt zu den wichtigsten Literaturpreisen in Deutschland. Die Auszeichnung wurde 1955, drei Jahre nach der Landesgründung, als Zeichen des Andenkens an Friedrich Schiller zu dessen 150. Todestag gestiftet. Er wird alle drei Jahre an verdiente deutschsprachige Literatinnen und Literaten verliehen. Zu den bisherigen Preisträgern gehören unter anderem Max Frisch, Christa Wolf, Friedrich Dürrenmatt, Käte Hamburger, Peter Handke, Botho Strauß und Rainald Goetz und Ror Wolf.
Der mit insgesamt 40.000 Euro dotierte Preis besteht aus einem Ehrenpreis für hervorragende deutschsprachige Autorinnen und Autoren in Höhe von 25.000 Euro und zwei Förderpreisen für junge Dramatikerinnen und Dramatiker, dotiert mit jeweils 7.500 Euro.
Nino Haratischwili
Nino Haratischwili wurde 1983 in Tiflis, Georgien, geboren und lebt seit 2003 in Deutschland. Nach ihrem Studium der Filmregie an der staatlichen Schule für Film und Theater in Tiflis studierte Haratischwili von 2003 bis 2007 Theaterregie an der Theaterakademie in Hamburg. Sie ist preisgekrönte Theaterautorin, -regisseurin und Autorin des Familienepos „Das achte Leben (Für Brilka)“ (Frankfurter Verlagsanstalt 2014), das in zahlreiche Sprachen übersetzt und unter anderem mit dem Literaturpreis des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft, dem Anna Seghers-Literaturpreis, dem Lessing-Preis-Stipendium und zuletzt mit dem Bertolt-Brecht-Preis 2018 ausgezeichnet wurde. Ihr Roman „Die Katze und der General“ (Frankfurter Verlagsanstalt 2018) wurde für die Shortlist des Deutschen Buchpreises 2018 nominiert.
Svealena Kutschke
Svealena Kutschke ist 1977 in Lübeck geboren und studierte Kulturwissenschaften in Hildesheim. Sie hat drei Romane veröffentlicht, zuletzt „Stadt aus Rauch“ (Eichborn, 2017). Für ihre literarische Arbeit erhielt sie verschiedene Auszeichnungen und Stipendien, unter anderem den Open Mike der Literaturwerkstatt Berlin, das Berliner Senatsstipendium und Aufenthaltsstipendien in China, Polen und Kroatien. Ihr Stück, „zu unseren füßen, das gold, aus dem boden verschwunden war“, wurde zu den Autorentheatertagen 2019 eingeladen und am Deutschen Theater Berlin uraufgeführt. Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus Literatur, Theater und Bildender Kunst hat sie 2018 das Ministerium für Mitgefühl gegründet, ein Kollektiv, das emphatischen Widerstand leistet: gegen die Verrohung der Sprache und soziale Kälte. Sie ist Mitglied bei DIE VIELEN E.V.
Maryam Zaree
Maryam Zaree wurde 1983 in Teheran geboren und wuchs in Frankfurt a. M. auf. Sie studierte Schauspiel an der Filmuniversität Babelsberg und arbeitet als Schauspielerin, Regisseurin und Theaterautorin. Für ihre Rolle Khalila in der Serie „4 Blocks“ gewann sie 2018 den Grimme Preis. Mit dem Regisseur Christian Petzold drehte sie „Transit“, „Polizeiruf 110-Tatorte" und „Undine". Sie arbeitet für verschiedene Theater, wie die Schaubühne Berlin und das Gorki Theater. Ihr Regiedebüt „Born in Evin“ feierte seine Premiere auf der Berlinale 2019 und wurde unter anderem mit dem Sektionspreis der Perspektive deutsches Kino ausgezeichnet. Als Theaterautorin wurde sie mit ihrem ersten Stück „Kluge Gefühle“ dem AutorenPreis des Heidelberger Stückemarkts geehrt.
Fotos der Förderpreisträgerinnen können Sie in der Mediathek herunterladen: https://mwk.baden-wuerttemberg.de/de/service/mediathek/