Die vier von uns ausgezeichneten Autorinnen und Autoren schreiben über das, was unsere Gemeinschaft umtreibt: Wie gehen wir mit Konflikten um? Wie leben wir in schwierigen Zeiten zusammen – damals wie heute? In ihren ernsten und humorvollen Büchern fordern uns die Schriftstellerinnen und Schriftsteller auf, Mensch zu sein, im Einklang mit unseren Überzeugungen zu leben und uns für ein respektvolles gesellschaftliches Miteinander einzusetzen. Ich gratuliere herzlich zur Auszeichnung mit dem Literaturstipendium des Landes.
Die Freiburger Autorin, Regisseurin und Schauspielerin Natalja Althauser erzählt in ihrem Roman „Dunkelholz“ von einer Protagonistin, die sich in eine abgelegene Hütte im Wald zurückzieht und sich mit den voranschreitenden Herbstmonaten in ihre Erinnerungen vertieft: in die eigene Vergangenheit und in ihre Rolle als Frau, Mutter und Partnerin. Die Jury beeindruckte das starke Romandebüt, das eine sensible, kraftvoll erzählte Geschichte entfalte, der man sich nicht entziehen könne.
„Kunstvoll erzählter Text“
In dem Debütroman „Seerauchen“ der im Schwarzwald lebenden Autorin Sabine Eschbach geht es um einen autistischen Jungen, der zusammen mit seiner Mutter zur Zeit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten am deutschen Bodenseeufer aufwächst. „Ein kunstvoll erzählter Text, der die existenzielle Bedrohung des Andersseins zur Zeit des Nationalsozialismus aus einer Perspektive thematisiert, aus der diese Art von Geschichte bislang eher selten zu lesen war“, so die Jury in ihrer Begründung.
Der Erzählband „Ja, Schnecke, ja“ des Stuttgarter Autors Jan Snela eigne sich für alle, die Literatur als Experiment zu schätzen wissen und in Sprache baden möchten. Der Sinn für skurrile Details im poetisch-verspielten Roman, der szenisch zwischen Deutschland und Japan wechselt, habe die Jury überzeugt. Es geht um Menschen, Tiere und Pflanzen und darum, wie sie sich begegnen können, sowie um Liebe in ihren mannigfaltigen Spielarten.
Eine der verheißungsvollsten deutschsprachigen Stimmen seiner Generation
Den in Tübingen geborenen und in Wien wohnhaften Autor Luca Kieser hält die Jury für eine der verheißungsvollsten deutschsprachigen Stimmen seiner Generation. Nach dem Debüt „Weil da war etwas im Wasser“, geschrieben aus der ungewöhnlichen Perspektive der Arme eines Kraken, wagt er im Roman „Pink Elephant“ den Weg einer soziokulturellen und historischen Analyse. Der bürgerliche Protagonist findet darin neue Freunde im migrantischen Milieu, die den Schüler seine Herkunftsfamilie hinterfragen lassen und ihn sensibel für Alltagsrassismus machen.
Jedes Jahr bis zu vier Stipendien
Auf Vorschlag einer Jury aus Persönlichkeiten des literarischen Lebens vergibt das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg jedes Jahr bis zu vier Stipendien. 2026 werden zwei Jahresstipendien in Höhe von je 18.000 Euro in Monatsraten von jeweils 1.500 Euro sowie zwei Halbjahresstipendien in Höhe von je 9.000 Euro vergeben.
Der Jury gehörten in diesem Jahr Katinka Emminger (Stadtbibliothek Stuttgart), Hanna Hovtvian (Literaturhaus Freiburg), Natalie Friedrich (Literarische Gesellschaft Karlsruhe), Silke Knäpper (Literarisches Forum Oberschwaben) und Moritz Heger (Schriftstellerhaus Stuttgart) an. Eine Bewerbung um die Literaturstipendien des Landes ist nicht möglich.
Eine gemeinsame Lesereise führt die Stipendiatinnen und Stipendiaten im nächsten Jahr zu den Baden-Württembergischen Literaturtagen nach Bad Mergentheim, zur Literarischen Gesellschaft nach Karlsruhe, zum Deutschen Literaturarchiv nach Marbach und in das Theater Die Färbe nach Singen und stellt sie einer größeren Öffentlichkeit im Land vor.
Die Stipendiatinnen und Stipendiaten
Natalja Althauser, geboren 1991 in Heidelberg, wuchs in Den Haag, Moskau und Berlin auf. Nach Studien der Slavistik und Philosophie in Freiburg und Contemporary Performing Arts in London war sie in Freiburg als Schauspielerin (u. a. beim Freiburger „Theater der Immoralisten“) tätig und lehrte als Dozentin für Interdisziplinäre Film-, Theater- und Literaturwissenschaft an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Zuletzt schloss sie ihr Studium im Literarischen Schreiben am Deutschen Literaturinstitut und ihren Bachelor in Jura in Leipzig ab. Natalja Althauser lebt als Autorin, Regisseurin und Schauspielerin in Freiburg. 2023 erschien ihr Stück „Gottlos“ beim Deutschen Theaterverlag, 2024 folgte die Veröffentlichung des Sachbuchs „Was Menschen verbindet - Sozialer Klimawandel durch moderne Wertschätzung“ beim Springer Verlag. Ihr Romandebüt „Dunkelholz“ wurde 2025 in das Verlagsprogramm des Piper Verlages aufgenommen:
https://www.piper.de/buecher/dunkelholz-isbn-978-3-492-07401-8
Sabine Eschbach, geboren 1959, wuchs am Bodensee auf und lebt im Schwarzwald. Sie machte eine Ausbildung zur Pflegehelferin und studierte Biologie an der Universität Freiburg. Nach der Erziehung dreier Kinder wurde sie 2017 für den ersten Jahrgang der Montségur-Autoren-Akademie ausgewählt. Für „Seerauchen“, ihren Debütroman, erhielt Eschbach mehrmals Stipendien des Förderkreises deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller in Baden-Württemberg sowie 2021 ein Aufenthaltsstipendium im Künstlerhaus Lukas in Ahrenshoop. „Seerauchen“ stand 2025 auf der Shortlist des Anna-Haag-Preises, der aus Mitteln des Landes vom Förderkreis der Schriftstellerinnen und Schriftsteller in Baden-Württemberg verliehen wird. Der Roman ist 2025 im Dörlemann Verlag erschienen:
Jan Snela, geboren 1980 in München, studierte Komparatistik, Slawistik und Allgemeine Rhetorik in München und Tübingen. Er schreibt Erzählungen, Gedichte, Essays und Hörstücke. Für seine Texte erhielt er verschiedene Stipendien und Preise. 2016 erschien sein Erzählungsband „Milchgesicht“, der mit dem Clemens-Brentano-Preis ausgezeichnet wurde. Jan Snela lebt in Stuttgart. Als Leiter des Literaturlabors am Literaturhaus Stuttgart arbeitet er an einem „erweiterten Literaturbegriff“, der den Abbau von Barrieren und die Inklusion junger Menschen ins literarische Geschehen der Stadt mit den experimentellen Verfahren einer potenziellen Literatur verbindet. Der Debütroman »Ja, Schnecke, ja« ist 2025 im Klett-Cotta Verlag erschienen, stand auf der SWR-Bestenliste und wurde von der ZEIT in die Liste der „Hundert besten Bücher des Jahres 2025“ und auf die Shortlist des Anna-Haag-Preises aufgenommen:
https://www.klett-cotta.de/produkt/jan-snela-ja-schnecke-ja-9783608962406-t-8934
Luca Kieser, 1992 in Tübingen geboren, studierte Philosophie, Sprachkunst und Ethik in Heidelberg, Leipzig und Wien. Sein Debütroman „Weil da war etwas im Wasser“ war für den Deutschen Buchpreis 2023 nominiert. Er lebt in Wien und verbringt 2026 auf Einladung des Schriftstellerhauses einige Monate in Stuttgart. Zuletzt erschien im Blessing Verlag sein zweiter Roman „Pink Elephant“, der 2025 von Books at Berlinale ausgewählt, auf der Shortlist des Anna-Haag-Preises stand und vom Deutschen Literaturfonds ausgezeichnet wurde:
https://presse.penguinrandomhouse.de/pink-elephant/978-3-89667-760-0
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