Hochschulen

Land will Vielfalt der „Kleinen Fächer“ erhalten und strategisch entwickeln

„Die ‘Kleinen Fächer’ sind elementar für die Grundlagenforschung und für die Vielfalt des Denkens“, sagt Ministerin Theresia Bauer

Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst will die Vielfalt der so genannten Kleinen Fächer an den Universitäten bewahren und dazu eine landesweite Gesamtentwicklung anstoßen.

„Obwohl klein in puncto Personalausstattung, Studierendenzahl oder Anzahl der Universitätsstandorte, sind die ‘Kleinen Fächer’ von unschätzbarer Bedeutung für die Grundlagenforschung und die Vielfalt des Denkens in unserer Gesellschaft“, sagte Ministerin Theresia Bauer am Freitag (15. November). Diese Vielfalt des Denkens sei unmittelbar abhängig auch von der Vielfalt der Wissenschaften.

Sie habe deshalb eine Expertengruppe berufen, die in Vertiefung bundesweit vorliegender Erkenntnisse zunächst eine Bestandsaufnahme der „Kleinen Fächer“ für Baden-Württemberg leisten soll. Ein möglicher weiterer Schritt sei es, unter Wahrung der Hochschulautonomie gemeinsam mit den Universitäten einen Monitoring-Prozess zu entwickeln, um auch zukünftige Bedarfe zu ermitteln.

Die „Kleinen Fächer“ seien ein wichtiger Teil des Fächerspektrums an den Universitäten Baden-Württembergs und müssten bei der Aufgabe, die Forschungslandschaft des Landes möglichst leistungs- und wettbewerbsfähig aufzustellen, berücksichtigt werden. Immer noch bestimme die Forschung in Deutschland in gewissen Bereichen den „state of the art“, so die Ministerin. Dies gelte gerade auch für die „Kleinen Fächer“, die national wie international eine hohe Sichtbarkeit in der Fachwelt aufwiesen.

„Kleinheit“ werde allerdings zum Problem, wenn bei knapper werdenden Haushaltsmitteln diese Fächer nicht oder nur unzureichend im Fokus von Struktur- und Entwicklungsplänen stünden. Theresia Bauer: „Die geringe kritische Masse dieser Fächer kann dann dazu führen, dass der Erhalt einer Mindestkompetenz gefährdet, und damit mittelfristig ein Kompetenzerhalt selbst auf Bundesebene nicht gegeben ist“. Die Expertengruppe solle Vorschläge erarbeiten, die dies verhindern helfen.

„Die ‘Kleinen Fächer’ müssen und dürfen sich nicht verstecken. Ihre Gegenstandsbereiche umfassen weite Zeitepochen oder Regionen, die Sprachenvielfalt ist nahezu unerschöpflich. Sie eröffnen globale Perspektiven weit über das westlich-europäische Umfeld hinaus. Die Gesellschaft braucht, was die ‘Kleinen Fächer’ können: die Vermittlung von Verständnis für Vorgänge in der globalisierten Welt, von interkultureller Kompetenz, des Umgangs mit fortschreitender Internationalisierung“, so Bauer.

Symbolisch für die Bedeutung der „Kleinen Fächer“ stehe zum Beispiel die Sinologie: „Obwohl ‘klein’ als Fach, beschäftigt sie sich mit einer Gesellschaft, die mehr als eine Milliarde Menschen beheimatet und die wir als Weltmacht und einen der global größten Wirtschaftsmärkte bezeichnen können, nämlich China“, betonte die Ministerin.

Die Gesellschaft stehe inmitten von Veränderungen, die ohne eine andere Sicht auf das allzu Gewohnte nicht gemeistert werden könnten. Die „Kleinen Fächer“ könnten diese Sicht erbringen, benötigten hierfür jedoch Unterstützung. Es gehe um eine neue Qualität der Anschlussfähigkeit, eine neue Fokussierung auf verschiedene Öffentlichkeiten. „Die gesellschaftspolitische Verantwortung der Wissenschaft wird immer stärker eingefordert“, so Ministerin Bauer. Dem müssten sich auch die „Kleinen Fächer“ stellen.

„Kleine Fächer“

Was definiert „Kleine Fächer“? Hierzu werden für die Arbeit der Expertenkommission zwei Aspekte herangezogen: Bezogen auf die Zahl der Strukturstellen auf der Professorenebene ist ein Fach ein „kleines“, wenn es an seinen jeweiligen Universitätsstandorten höchstens 3 Professuren hat. Diese Höchstzahl sollte an nicht mehr als zwei Standorten überschritten werden. Bezogen auf die Zahl der Standorte ist ein „Kleines Fach“ ohne Begrenzung der Zahl der Professuren an nur relativ wenigen (ca. 10 %) der deutschen Universitäten vorhanden.

An deutschen Universitäten gibt es ca. 120 „Kleine Fächer“, darunter Ägyptologie, Denkmalpflege, Gender Studies oder Gerontologie, Islamwissenschaft, Kristallographie, Meteorologie, Umformtechnik oder auch Wissenschaftsgeschichte.

Eine deutschlandweite Erhebung und Untersuchung zur Situation der „Kleinen Fächer“ hat das so genannte Potsdamer (jetzt: Mainzer) Kartierungsprojekt durchgeführt: www.kleinefaecher.de

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